Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Unglücklicher Bester

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Jon Matsumoto, 32, ist der Top-Scorer der DEL. Doch weil ihn Meister München am Ende der vergangenen Saison nicht mehr haben wollte, spielt er inzwischen beim Tabellenletzten Iserlohn.

Von Christian Bernhard, München

Don Jackson ist bekannt dafür, eine besondere Verbindung zu seinen Spielern zu haben. Mads Christensen etwa, der unter Jackson mehrmals Meister wurde, sagt über den Eishockey-Trainer, er sei ein "sehr sehr guter Mensch". Konrad Abeltshauser berichtet, Jackson liebe jeden seiner Spieler.

Wie emphatisch der erfolgreichste Trainer in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ist, zeigte er am Freitagabend, als er sagte, er sei stolz auf Jon Matsumoto. Den Angreifer kennt Jackson gut, sie feierten in den vergangenen zwei Spielzeiten zwei Meisterschaften mit dem EHC Red Bull München. Mittlerweile ist Matsumoto aber gar nicht mehr Jacksons Spieler, er trägt das Trikot der Iserlohn Roosters. Die verloren am Freitag mit 1:5 in München, es war ihre zwölfte Niederlage in den vergangenen 13 Spielen. Iserlohn ist nun Tabellenletzter.

Matsumoto, 32, ist trotzdem Führender - und zwar der DEL-Scorerwertung. Sein Assist zum einzigen Roosters-Treffer in München war sein 47. Scorerpunkt der Saison. Das findet Jackson "beeindruckend". Es zeige, welch "seriöser" Spieler Matsumoto sei, wie sehr er trotz der entmutigenden Situation in Iserlohn auf sich selbst und sein Spiel achte.

"Um ehrlich zu sein: Ich dachte, wir wären zu dieser Zeit irgendwo zwischen Rang sieben und zehn"

Glücklich ist der Stürmer deshalb aber nicht. Im Gegenteil: Zurückhaltend, ja fast schüchtern, griff er in den Katakomben der Münchner Olympia-Eishalle immer wieder auf ein Wort zurück: "frustrierend". Er verwendete es auch, um seine Saison zu beschreiben. Matsumoto ist niedergeschlagen, obwohl er der beste Scorer der Liga ist. "Mir geht es nicht um Zahlen", sagte er. "Ich hatte zweimal die Möglichkeit, DEL-Playoffs zu spielen. Das macht so großen Spaß." Dass nun jener Spieler, der in der letztjährigen Finalserie als Viertlinien-Stürmer zum wertvollsten Akteur gewählt worden war, dieses Jahr höchstwahrscheinlich die Playoffs verpasst, schmerzt ihn am meisten.

So ähnlich fühlte er sich wohl, als ihm der EHC in der vergangenen Saison mitteilte, dass er nicht mehr mit ihm plane. Obwohl er in der Finalserie gegen Berlin einen Punkterekord aufstellte, ließen die Münchner ihn ziehen. "Sie wollen mich hier nicht mehr, also gehe ich", sagte Matsumoto noch während der Meisterfeierlichkeiten. Er wusste, dass Iserlohn nicht mit München zu vergleichen sein würde. Mit solch einer schlechten Saison der Roosters hatte er allerdings nicht gerechnet. "Um ehrlich zu sein: Ich dachte, wir wären zu dieser Zeit irgendwo zwischen Rang sieben und zehn", sagt er. "Es ist sehr frustrierend, dass wir es nicht sind."

Matsumoto erfüllt die hohen Erwartungen, er verdoppelte seine Punkteproduktion im Vergleich zur letztjährigen Hauptrunde. Der Kanadier ist Dreh- und Angelpunkt des Roosters-Spiels und bildet zusammen mit seinem Reihenkollegen Anthony Camara, der 19 Treffer erzielt hat, eines der torgefährlichsten Duos der Liga. Aus einem, der in München einer unter vielen starken Spielern war, ist in Iserlohn ein Anführer geworden. "Hier ist er einer der Go-to-guys, einer der Leader, der voran marschieren soll und das Heft mehr in die Hand nehmen muss als in München", beschreibt Iserlohns Co-Trainer Christian Hommel Matsumotos neue Rolle.

Klubs aus der Schweiz und Deutschland haben Interesse, ihn zu verpflichten

Im Verein sind sie zufrieden mit seinen Leistungen, Hommel verweist aber auch auf Spiele, in denen von Matsumoto "mehr hätte kommen müssen". Die Freitags-Partie in München zählt er dazu: "Ich glaube, auch heute hätte es ein Ticken mehr sein können." Matsumoto kann es aber nicht alleine richten. Die Roosters seien nur als Mannschaft stark, betont Hommel, "auch ein Jon Matsumoto alleine wird uns nirgendwo hin schießen können."

Der Kanadier bringt allerdings so viel Übersicht und Pass-Qualität mit, dass Pavel Gross, Trainer des Tabellenführers Mannheim, die abgeschlagenen Roosters in der vergangenen Woche als "Top-Mannschaft, was die Offensive angeht" bezeichnete. Jackson, der einmal mehr die "schnellen Hände" des Mittelstürmers lobte, erinnerte daran, dass der elegante Angreifer schon zu seinen Augsburger Zeiten der beste Scorer der Liga in Fünf-gegen-fünf-Situationen auf dem Eis gewesen sei. "Diese Fähigkeit trägt dich weit."

Und sie macht ihn begehrt. Zuletzt gab es Gerüchte, wonach Schweizer Klubs Matsumoto noch für den Rest dieser Saison verpflichten wollen. Hommel bestätigt, dass es Anfragen aus der Schweiz gegeben habe, außerdem sei es kein Geheimnis, dass der "ein oder andere DEL-Verein" auch wieder um ihn buhle. Matsumoto sagt zu all dem: nichts. Das seien Fragen für die Klub-Verantwortlichen.

Hommel, der nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Manager Karsten Mende in die personellen Planungen für die kommende Saison involviert ist, glaubt nicht, dass Matsumoto noch in dieser Saison abgegeben wird, um Geld einzusparen: "Sonst wäre er schon weg." Was die kommende Spielzeit angeht, "werden wir abwarten." Im Grunde wisse der Verein aber, dass eine Vertragsverlängerung mit Matsumoto ein "Mammutprojekt" sei. Im Falle von Matsumotos Sturmkollegen Lean Bergmann, 19, war das Projekt zu groß - Bergmann spielt in der kommenden Saison für Mannheim.

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SZ vom 27.01.2019
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