Süddeutsche Zeitung

US-Politik:Trump ist nicht k.o., aber schwer getroffen

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Das Geständnis seines Ex-Anwalts Cohen ist die bisher größte Herausforderung in der Amtszeit des US-Präsidenten. Und es ist zu erwarten, dass Sonderermittler Mueller noch mehr zutage fördern wird.

Kommentar von Christian Zaschke, New York

Wer sich in Amerika auf dem Fernsehsender Fox News über die Ereignisse des spektakulären Dienstags informierte, der musste den Eindruck gewinnen, es habe sich um einen Tag wie jeden anderen gehandelt. Nichts sonderlich Wichtiges los gerade. Ein Typ, der mal kurz für den Präsidenten gearbeitet hat, ist wegen ein paar Finanzdelikten schuldig gesprochen worden. Ach, und ein ehemaliger Anwalt des Präsidenten hat sich schuldig bekannt, da ging es ebenfalls um Geld. Mit Donald Trump, so die Lesart von Fox News, einem Propaganda-Kanal im Gewand eines Nachrichtensenders, hat das alles nichts zu tun. Dabei hat das alles natürlich sehr viel mit ihm zu tun.

Dieser Dienstag war der bisher spektakulärste Tag in der turbulenten Präsidentschaft von Trump. Die Nachrichten vom Schuldspruch gegen seinen ehemaligen Kampagnen-Manager Paul Manafort und vom Schuldbekenntnis seines langjährigen Anwalts Michael Cohen folgten am späteren Nachmittag kurz aufeinander als Doppelschlag, der Trump vermutlich nicht umwerfen wird, der ihn jedoch schwer getroffen hat. Fox News mag versuchen, die Sache so klein wie möglich zu reden, doch Fakt ist, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von seinem ehemaligen Anwalt - der noch vor Kürzerem mit Inbrunst gesagt hatte, er würde sich für Trump in eine Kugel werfen - unter Eid einer Straftat bezichtigt wurde.

Cohen hat dafür gesorgt, dass zwei Frauen, die nach eigener Aussage Sex mit Trump hatten, während des Wahlkampfes im Jahr 2016 Schweigegeld erhielten. Einmal zahlte Cohen direkt, einmal fädelte er die Zahlung über ein kompliziertes Konstrukt ein. Vor Gericht sagte er nun, dass er das auf Anweisung "eines Kandidaten" getan habe, mithin auf Anweisung Trumps, und zwar ausdrücklich mit dem Ziel, den Verlauf des Wahlkampfes zu beeinflussen. Das ist ein entscheidender Punkt, denn dadurch werden die Zahlungen zu illegalen Wahlkampfspenden.

Die Aussagen Cohens könnten für Trump noch unangenehm werden. Der Schuldspruch für Manafort wird hingegen keine konkreten Folgen für ihn haben, da dessen Vergehen tatsächlich nichts mit ihm zu tun haben. Sie fügen sich jedoch in ein größeres Bild: Sie zeigen, mit welcher Art von Leuten sich Trump umgibt. Noch am Dienstagabend sagte er unbeirrt, er bedauere das Verfahren gegen Manafort; dieser sei "ein guter Mann". Er sagte das wohlgemerkt über einen just wegen Steuerhinterziehung und Bankbetrug verurteilten Straftäter.

Es wäre für Trump ein Leichtes gewesen, sich von Manafort zu distanzieren. Dass er das nicht tut, hat zwei Gründe. Erstens wäre es dazu nötig einzugestehen, dass es ein Fehler war, den bekanntermaßen schmierigen Manafort anzuheuern. Das Eingestehen von Fehlern erlaubt jedoch das übergroße Ego dieses grenzenlos narzisstischen Präsidenten nicht. Zweitens hält er Manafort vermutlich wirklich für einen guten Mann, nicht zuletzt, weil er ja selber ein notorischer Lügner ist, der zeit seines Lebens mit zwielichtigen Gestalten zu tun hatte.

15 Monate sind für eine solche Ermittlung wenig Zeit

Sowohl der Fall Cohen als auch der Fall Manafort sind eine Folge der Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, inwieweit Trumps Team in die russische Einflussnahme auf die Wahl von 2016 involviert war. Seit 15 Monaten gräbt Mueller im Umfeld Trumps, und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater und ein außenpolitischer Berater haben sich schuldig bekannt, die Behörden über ihre Kontakte zu russischen Offiziellen belogen zu haben. Dutzende russische Firmen, Offiziere und sonstige Individuen hat Mueller wegen Wahlbeeinflussung angeklagt. Nun kommen die spektakulären Fälle Manafort und Cohen dazu.

Zu beachten ist: 15 Monate sind für eine solche Ermittlung wenig Zeit. Die Watergate-Untersuchung, die 1974 zum Sturz von Präsident Richard Nixon führte, dauerte mehr als zwei Jahre, und das galt als schnell. Es ist daher zu erwarten, dass Mueller noch weit mehr zutage fördern wird.

Trump hat seine Attacken auf Muellers Ermittlungen in den vergangenen Wochen intensiviert, er ist dabei zunehmend persönlicher geworden. Wieder und wieder spricht er von einer "Hexenjagd", zudem stecke Mueller in Interessenkonflikten (welche das sein sollten, sagt Trump nie). Er machte dabei den Eindruck eines Mannes, der immer lauter wird, je mehr er sich bedroht fühlt.

Nach dem Doppelschlag vom Dienstag blieb er vergleichsweise ruhig. Das könnte daran liegen, dass ihm jemand aus seinem Umfeld gesagt hat, dass er durch seine lauten Attacken nicht stark wirkt, sondern wie jemand, der es mit der Angst zu tun bekommen hat. Es könnte jedoch auch daran liegen, dass Trump sich über die Ereignisse dieses spektakulären Dienstags auf seinem Lieblingssender Fox News informiert hat und dort den Eindruck gewann, es handele sich um einen Tag wie jeden anderen. Zuzutrauen ist es ihm.

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Quelle:
SZ vom 23.08.2018
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