Süddeutsche Zeitung

Deutsche Türkeipolitik:Dağdelen nennt Nahles-Vorschlag "ungeheuerlich"

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Für Sevim Dağdelen, Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, kommen deutsche Finanzhilfen für die Türkei nicht infrage. "Es ist ungeheuerlich, dass deutsche Steuergelder jetzt noch dazu dienen sollen, das Erdoğan-Regime zu stabilisieren", sagt sie der Bild-Zeitung. Die Linkenpolitikerin hat sich immer wieder kritisch zu dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und der politischen Lage in der Türkei geäußert.

Nachdem sich bisher vor allem Vertreter des rechten Parteienspektrums kritisch geäußert haben, kommt damit nun auch Widerstand von links.

SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Wochenende vor dem Hintergrund der Währungskrise in der Türkei Wirtschaftshilfen ins Gespräch gebracht - und zwar unabhängig von der Politik Erdoğans. "Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss", sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Montag, finanzielle Hilfen für die Türkei seien derzeit nicht der "Fokus" der Bundesregierung.

Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, äußerte Vorbehalte. Gegenüber der Bild bemerkte er, dass die Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung "in erster Linie bei der türkischen Regierung" liege. Eine mögliche finanzielle Unterstützung hänge "vom konkreten Einzelfall ab" und sei von der EU oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu klären. Rechtssicherheit und eine unabhängige Zentralbank seien in jedem Fall Voraussetzungen für mögliche Hilfen.

Für EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger ist der IWF ebenfalls "die richtige Adresse". Schließlich sei dieser für "dramatische Entwicklungen und Zuspitzungen" eingerichtet worden, so Oettinger gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Dienstag. Der IWF vergebe Darlehen unter Auflagen und mit der Maßgabe, Strukturreformen durchzuführen. Oettinger wandte sich entschieden gegen eine Unterstützung aus dem EU-Haushalt.

Nachdem die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei zuletzt stark belastet waren, zeichnet sich nun eine Entspannung ab. Montagnacht hat ein Gericht die Ausreisesperre gegen die deutsche Journalistin Meşale Tolu aufgehoben. Sie wird in Kürze in Deutschland erwartet. Allerdings sitzen noch immer sieben deutsche Staatsbürger aus "politischen Gründen" in türkischer Haft. Im September kommt der türkische Präsident Erdoğan zum Staatsbesuch nach Deutschland.

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Sz.de/afp/kiju
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