Süddeutsche Zeitung

Dänemark:Bleibt bloß weg!

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Flüchtlinge sollen sich überall um Asyl bewerben, nur nicht in Dänemark. Damit Hilfesuchende das auch wissen, will die Regierung Anzeigen im Ausland schalten.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Ende Juni bekam Inger Støjberg ihren Traumjob. Sie wurde dänische Ministerin für Ausländer, Integration und Wohnungswesen. Die liberale Politikerin ist schon früher aufgefallen, wenn es um Einwanderer und Flüchtlinge ging, schlug vergangenes Jahr zum Beispiel strengere Regeln speziell für Immigranten aus nichtwestlichen Ländern vor. Als Integrationsministerin hat sie nun eine neue Idee: Sie möchte Flüchtlinge per Zeitungsanzeige überzeugen, dass sich die Reise nach Dänemark für sie nicht lohnt.

Støjbergs Partei, die liberale Venstre, war nach der Wahl im Juni an die Regierung gekommen, Parteichef Lars Løkke Rasmussen wurde Ministerpräsident. Dabei hatte die EU- und einwanderungskritische Dänische Volkspartei die meisten Stimmen für den bürgerlichen Block geholt, blieb aber lieber in der Opposition. Rasmussen ist im Parlament nun von der Unterstützung der Rechtspopulisten abhängig. Im Wahlkampf hatten beide Parteien rasche Maßnahmen versprochen, um den Zustrom zu stoppen. 14 800 Flüchtlinge kamen 2014 ins Land, etwa doppelt so viele wie im Vorjahr. Keine Woche nach seiner Ernennung legte Regierungschef Rasmussen einen Gesetzesentwurf vor, der unter anderem die Hilfen für Asylbewerber auf fast die Hälfte kürzen soll. "Ganz klares Ziel" sei, dass weniger von ihnen ins Land kommen, sagte Støjberg. Weitere Einschränkungen würden folgen.

Damit diese Botschaft auch ankommt, möchte Støjberg in ausländischen Zeitungen über die neuen dänischen Bedingungen für Flüchtlinge informieren. Wo und wann die Anzeige erscheinen soll, sei noch offen. Denkbar wären etwa die Türkei und andere Länder, in denen Schmuggler aktiv seien, sagte Støjberg dem dänischen Rundfunk DR. Kurz zuvor hatte die Tageszeitung Jyllands-Posten berichtet, dass Schmugglerbanden Flüchtlinge darüber informierten, welche Hilfe sie etwa in Dänemark, Schweden und Deutschland erwarten könnten. Støjberg veröffentlichte auf ihrer Facebook-Seite ein Bild von einer solchen Tabelle, die Hilfen und Wartezeit für Familienzusammenführung und Asylentscheide in den Ländern vergleicht.

Kritiker bezweifeln, dass die Aussicht auf weniger Sozialleistungen die Menschen fernhalten wird. Informationskampagnen, wie Støjberg sie plane, seien meist wirkungslos, sagte Ninna Nyberg Sørensen, Migration-Expertin am Dänischen Institut für Internationale Studien. Wer sich in einer gefährlichen Situation befinde, für den sei Sicherheit die wichtigste Information - und nicht, ob sich irgendwelche Sozialleistungen verändert hätten.

Die Dänische Volkspartei möchte noch weiter gehen. Sie hat eine Video-Kampagne vorgeschlagen, angelehnt an die der australischen Regierung. Darin erklärt Angus Campbell, Kommandeur der Küstenschutzmission, mit strenger Miene, dass Flüchtlinge ohne Visa Australien niemals zu ihrer Heimat machen können. Die Dänische Volkspartei hat eine ähnliche Botschaft: "Wenn du dein Glück in Europa suchen möchtest, ist Dänemark nicht der richtige Ort."

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Quelle:
SZ vom 28.07.2015
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