Süddeutsche Zeitung

Boris Johnson:"Dinge hätten auch anders ausgehen können"

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Der britische Premierminister Boris Johnson ist am Sonntag aus dem Krankenhaus entlassen worden. Nach Angaben seines Büros wird Johnson nicht sofort wieder arbeiten. Er werde sich weiter auf dem Ferienlandsitz des Premiers, Chequers, erholen.

Kurz nachdem seine Entlassung bekanntgegeben worden war, meldete sich Johnson selbst in einem Video zu Wort. "Ich habe heute das Krankenhaus verlassen nach einer Woche, in der das NHS fraglos mein Leben gerettet hat", so der Premier über das nationale Gesundheitssystem NHS. Das Land mache Fortschritte im nationalen Kampf gegen das Virus, weil alle Briten bereit seien Opfer zu bringen. "An diesem Ostersonntag glaube ich, dass Ihre Mühen es wert sind", so der Premier.

Johnson bedankte sich bei seinen Ärzten und Pflegekräften im Londoner Krankenhaus St. Thomas und nannte die Vornamen von einigen von ihnen. "Ich verdanke ihnen mein Leben", sagte der 55-Jährige. Besonders zwei Krankenschwestern seien 48 Stunden lang nicht von seiner Seite gewichen, "als die Dinge auch anders hätten ausgehen können". Er habe in den vergangenen sieben Tagen gesehen, wie stark das Gesundheitssystem unter Druck stehe.

Johnson war vor mehr als zwei Wochen der erste Regierungschef weltweit gewesen, bei dem Covid-19 diagnostiziert wurde. Nach der Infektion verbrachte er zunächst mehrere Tage in Quarantäne und leitete die Amtsgeschäfte von dort aus weiter. In dieser Zeit beschrieb er seine Symptome, Fieber und Husten, als "hartnäckig". Dann kam er wegen seiner Covid-19-Erkrankung eine Woche lang ins Krankenhaus, drei Nächte davon war er auf der Intensivstation. Zwischenzeitlich erhielt Johnson zusätzlichen Sauerstoff.

Johnsons schwangere Verlobte Carrie Symonds dankte dem NHS ebenfalls. "Wir werden niemals in der Lage sein, ihnen das zu vergelten und wir werden nie aufhören, ihnen zu danken", twitterte Symonds. Sie habe einige sehr dunkle Stunden hinter sich und denke jetzt an diejenigen, die in einer ähnlichen Lage steckten.

Die britische hatte das Virus zunächst weniger ernstgenommen als andere Regierungen und auf das Konzept der "Herdenimmunisierung" gesetzt, dann aber auf strenge Anti-Corona-Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen wie in anderen Ländern umgeschwenkt. Das vor etwa zwei Wochen verabschiedete Notgesetz, das der Regierung stark erweiterte Durchgriffsrechte einräumt, sieht vor, dass die derzeitigen Maßnahmen alle 21 Tage überprüft werden - das wäre am Ostermontag, würde von der Regierung also ohne Johnson behandelt werden. Während seiner Erkrankung wird Johnson von Außenminister Dominic Raab vertreten.

Dem Gesundheitsministerium zufolge hat das Land am Tag von Johnsons Entlassung eine traurige Marke überschritten: Die Gesamtzahl der Toten liegt inzwischen bei 10 612. Damit ist Großbritannien nach Italien, Spanien und Frankreich das vierte Land in Europa, das die traurige Wegmarke von 10 000 verstorbenen Infizierten überschritten hat. Während die Zahl der täglichen Todesopfer in Italien und Spanien sinkt, steigt die in Großbritannien an.

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