Süddeutsche Zeitung

Christian Schmidt:CSU-Vize nimmt Forderung nach Flüchtlings-Obergrenze zurück

Lesezeit: 1 min

Die CSU und die Flüchtlinge - das ist eine schwierige Beziehung. Eine Dokumentation der wichtigsten Drohungen, Vorschläge und Warnungen zwischen September 2015 und Januar 2016 füllt bei der SZ fünf Seiten. Monatelang stichelten Parteichef Seehofer und sein Gefolge in Richtung der großen Schwesterpartei CDU, das Thema drohte die Union zu spalten.

Besonders oft tauchte dabei das Wort "Obergrenze" auf. Immer wieder stellte die CSU das Grundrecht auf Asyl in Frage, in einem Leitantrag forderte sie eine feste Obergrenze für die Zahl der Flüchtlinge, Seehofer stellte Angela Merkel gar eine Verfassungsklage in Aussicht, sollte die Kanzlerin ihre Flüchtlingspolitik nicht verschärfen.

Seehofer beharrte auf einer Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr

Diese Haltung scheint sich nun geändert zu haben - zumindest, wenn man davon ausgeht, dass Parteivize Christian Schmidt stellvertretend für seinen Chef Seehofer spricht. "Die gegenwärtige Situation entlang der bayerischen Grenze ist deutlich entspannter als noch vor wenigen Monaten", sagte Landwirtschaftsminister Schmidt der Rheinischen Post. "Eine Obergrenze für die Einwanderung von Flüchtlingen ist durch die geringen Migrationszahlen unnötig geworden."

Noch Ende März hatte Seehofer Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) widersprochen, der nach dem Flüchtlingsabkommen mit der Türkei das Thema als abgeschlossen einstufte: "Damit erledigt sich der Ruf nach Obergrenzen von selbst", sagte Altmaier damals. Seehofer beharrte dagegen weiter darauf, maximal 200 000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen.

2016 sind die Flüchtlingszahlen deutlich zurückgegangen

Zuletzt war die Zahl der Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen, deutlich gesunken. Während 2015 noch mehr als eine Million Menschen einreisten, waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres noch rund 222 000. Das sind zwar immer noch zehn Prozent mehr als die Zielmarke von Seehofer für das ganze Jahr, die monatlichen Zahlen sanken im Jahresverlauf aber stetig. Während im Januar noch 91 000 Asylsuchende kamen, waren es im Mai und Juni nur jeweils 16 000.

Die abnehmenden Flüchtlingszahlen halten allerdings nicht alle für eine gute Nachricht. "Die sinkenden Asylzahlen sind kein Grund zur Freude, sondern Ausdruck der Krise von Menschenrechts- und Flüchtlingsschutz", sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. Die Grenzen der EU würden abgeriegelt, das Recht auf Asyl in Europa solle nicht mehr erreichbar sein. "In Deutschland stehen Unterkünfte leer, während in Griechenland Flüchtlinge auf der Straße leben."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3071210
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/sih
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.