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Chodorkowskij-Prozess:Märtyrer in Moskau

In einem ergreifenden Schlusswort zu seinem Prozess bleibt Kreml-Gegner Michail Chodorkowskij fest entschlossen. Er kämpfe weiter für Gerechtigkeit - notfalls bis zu seinem Tod im Gefängnis.

Offiziell geht es in dem Verfahren vor einem Moskauer Gericht um Unterschlagung. Kritiker sehen allerdings in dem Prozess gegen den Kremlgegner Michail Chodorkowskij einen rein politischen Akt - ebenso wie der Angeklagte selbst. Notfalls wolle er bis zu seinem Tod um Gerechtigkeit in seinem Verfahren kämpfen, sagte er in seinem dramatischen Schlusswort. "Mein Glaube ist mir mehr wert als das Leben", so Chodorkowskij. Er habe keine Angst zu sterben.

Das international umstrittene Verfahren dreht sich um die angebliche Unterschlagung von 218 Millionen Tonnen Öl. Am 15. Dezember will das Gericht sein Urteil verkünden. Die Staatsanwaltschaft hat eine neue Gefängnisstrafe für den seit sieben Jahren inhaftierten Chodorkowskij gefordert. Damit käme der frühere Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos erst 2017 auf freien Fuß. Die Verteidigung hat Freispruch beantragt, weil sie die Anklage für eine politische Inszenierung und freie Erfindung hält.

Chodorkowskij erhält prominente Unterstützung: Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte bei einem Besuch in Moskau am Montag "sehr ernsthafte Besorgnis" über die Umstände des Verfahrens.

Chodorkowskij ist einer der schärfsten Kritiker von Regierungschef Wladimir Putin, der eine politische Steuerung des Verfahrens zurückweist. Putin brachte das frühere Yukos-Management außerdem zuletzt wiederholt mit Auftragsmorden in Verbindung. An deren Händen klebe Blut, so der russische Premier. Chodorkowskij dagegen merkte wiederholt an, dass er wohl im Gefängnis bleiben müsse, solange Putin an der Macht ist.

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