Süddeutsche Zeitung

Chemnitz:Wem die Stadt gehört

Etwas Schlimmeres hätte der Stadt Chemnitz nach der Randale im vergangenen Jahr kaum passieren können: Rechtsextreme vereinnahmen ein Fußballspiel.

Von Ulrike Nimz

Die Neonaziszene demonstrierte ihre Macht: Am Rande eines Heimspiels des Chemnitzer FC wurde öffentlichkeitswirksam um einen Rechtsextremisten getrauert. Erneut gelang es Demokratieverächtern, die Botschaft zu senden: Diese Stadt gehört uns. Kurz vor Beginn des Prozesses zum gewaltsamen Tod von Daniel H., der im vergangenen Jahr zu rechten Ausschreitungen führte, hätte Chemnitz kaum etwas Schlimmeres passieren können. Fußballstadien sind Zentren städtischen Lebens, dort treffen sich alle Schichten. Unabhängig von politischen Einstellungen haben 90 Minuten lang alle eins gemeinsam, sie wünschen sich den Sieg ihrer Mannschaft. Dass ein Fußballverein seine Verantwortung verrät und duldet, dass dieses Ritual missbraucht wird, zeigt: Manche haben offenbar kein Problem damit, einem Mann zu huldigen, der aus seiner Menschenverachtung keinen Hehl machte. Und es zeigt, dass die Stadt im Bemühen, wieder so etwas wie Normalität herzustellen, noch am Anfang steht.

Dass es nun Entlassungen hagelt und dem Verein Sponsoren abspringen, ist konsequent. Künftig müssen Fans und Bürger klarmachen, dass sich Verein und Vereinnahmung ausschließen. Es ist die Aufgabe aller, Neonazis keine Macht zu geben. Stadion und Straße gehören den Demokraten.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2019
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