Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Von der Leyen will 41-Stunden-Woche für Soldaten

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Mehr als Flachbildfernseher auf den Stuben: Verteidigungsministerin von der Leyen will die Bundeswehr attraktiver machen. Laut SZ-Informationen kommt sie den Soldaten sogar bei der Arbeitszeit entgegen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Ursula von der Leyen war erst wenige Wochen Verteidigungsministerin, als sie es zum Ziel erklärte, "die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland" zu machen. Ende Mai folgte der nächste Schritt: Von der Leyen legte dar, wie sie die Qualität der Führung verbessern, die Häufigkeit der Versetzungen verringern und insgesamt sicherstellen will, dass Familie und Dienst künftig besser vereinbar sind. Auch die Stuben sollten wohnlicher werden. Schon damals kündigte die Christdemokratin an, dass sie im Herbst ein Artikelgesetz vorlegen werde, um Dinge wie Altersversorgung, Besoldung und Zuverdienstgrenzen zu regeln. Die Eckpunkte zu diesem Artikelgesetz liegen nun der Süddeutschen Zeitung vor.

Es ist, verglichen mit den im Mai so oft zitierten Flachbildfernsehern für die Stuben der Soldaten, auf den ersten Blick trockener Stoff. Es geht etwa um den Wegfall von "Planstellenobergrenzen" - doch für die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber sind die zahlreichen Einzelmaßnahmen mindestens ebenso bedeutsam wie die Frage, ob Vorgesetzte sich an die Regeln des zivilisierten Umgangs halten. Denn es geht an vielen Stellen um Geld.

Unter drei Überschriften sind die Vorhaben in dem Eckpunkte-Papier zusammengefasst, es geht um "Attraktive Arbeitsbedingungen / Vereinbarkeit von Beruf und Familie", zweitens um "Besoldung / Wehrsold" und drittens um "Versorgung".

Was die attraktiven Arbeitsbedingungen angeht, dürfte gleich der erste Punkt auf breite Zustimmung in der Truppe stoßen: Von 2016 an soll für alle Soldaten "im Grundbetrieb" eine "regelmäßige Arbeitszeit" von 41 Stunden in der Woche gelten. Bislang ist es so, dass Vorgesetzte, die den Dienstplan festlegen, dabei bis zu 46 Stunden einplanen dürfen. Erst wenn diese Grenze überschritten ist, entsteht der Anspruch auf Dienstzeitausgleich - der künftig entsprechend früher griffe. Vor allem aber entstünde durch diese Regelung eine Verbindlichkeit, die es so bislang nicht gibt. Die Leiter von Dienststellen könnten dann weniger nach Gutdünken handeln. Ausnahmen "zum Erhalt der Einsatzbereitschaft" sollen allerdings "für Bereitschaftsdienst, Auslandseinsätze und einsatzgleiche Verwendungen" gelten, heißt es in den Eckpunkten von Anfang September.

Mehr Geld für 16 000 Soldaten

Dem Papier zufolge sollen Soldaten und Beamte "durch individuelle Erhöhung der Wochenarbeitszeit" zudem Zeitguthaben ansparen können. Soldaten mit Familie sollen "wegen besonderer Auslandseinsätze oder vergleichbarer Einsätze" außerdem eine "Familienhilfe" in Anspruch nehmen können, wenn zu Hause "alle Stricke reißen", wie es heißt. Die entsprechende Summe soll auf 50 Euro pro Tag begrenzt sein.

Die Ministerin will noch mehr Geld ausgeben, um den Dienst für Soldaten, aber auch Beamte attraktiver zu machen. So sollen die sogenannten Erschwerniszulagen um 20 bis 40 Prozent erhöht werden. Hinzu kommen Spezialregelungen, etwa für Kampfmittelentschärfer. Hier soll die Zulagen-Höchstgrenze wegfallen. Auch Stellenzulagen sollen angehoben werden, um 25 bis 40 Prozent. Profitieren würden unter anderem Kompaniefeldwebel oder "Ausbilder im Außendienst". Insgesamt betroffen wären dem Papier zufolge 16 000 Zeit- und Berufssoldaten sowie Beamte. Auch die Tagessätze für freiwillig Wehrdienstleistende sollen steigen: um je zwei Euro pro Tag.

Besonders attraktiv für Zeitsoldaten dürfte sein, dass ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum ihrer Verpflichtung um 15 Prozent steigen sollen. Das Vorhaben geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück. Dort heißt es, Zeitsoldaten sollten nach ihrer Dienstzeit "hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung keine Nachteile erfahren". Zudem ist im Koalitionsvertrag festgelegt, dass man "die geltenden Regeln des Hinzuverdienstes für ausgeschiedene Soldaten bei späteren Verwendungen in der Wirtschaft aufheben" wolle. Auch dies soll im Artikelgesetz umgesetzt werden.

Informell bereits mit Vorgänger de Maizière abgestimmt

Allerdings gibt es bei diesem Punkt noch Abstimmungsbedarf mit dem Innenministerium - schließlich gibt es solche Zuverdienstgrenzen auch für Beamte. Dadurch könnten sich Regelungen, die in den Eckpunkten vorgesehen sind, noch einmal verändern. Informell ist das Vorhaben jedoch bereits mit dem Haus von Thomas de Maizière abgestimmt, dem Parteifreund und Vorgänger der Verteidigungsministerin. In die offizielle Ressortabstimmung muss der Gesetzentwurf erst noch gehen. Auch hier können sich noch Änderungen im Vergleich zu den Eckpunkten von Anfang September ergeben. Das Ministerium wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen und verwies auf den laufenden Prozess.

Nach dem jüngsten Stand aber soll es auch für Soldaten, die vor der Mission in Afghanistan im Ausland eingesetzt waren und aus dem Einsatz eine Beschädigung mitgenommen haben, eine "verbesserte Einsatzversorgung" geben. Bislang galt hier der 1. Dezember 2002 als Stichtag, er soll nun auf den 1. Juli 1992 rückdatiert werden. Davon würden Soldaten profitieren, die in den Neunzigerjahren zum Beispiel auf dem Balkan eingesetzt waren. Von der Leyen hatte eine solche Regelung bereits vor einiger Zeit angekündigt, nun soll sie im Gesetz verankert werden.

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Quelle:
SZ vom 12.09.2014
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