Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Verteidigungsministerium entschärft umstrittenen Verhaltenskodex

Lesezeit: 2 min

Von Christoph Hickmann, Berlin

Das Verteidigungsministerium hat einen umstrittenen Verhaltenskodex für Soldaten sowie Beschäftigte von Ministerium und Bundeswehr teilweise entschärft. In einer neuen Version, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, fehlen Passagen, die in der Truppe und im Haus besonders starken Unmut ausgelöst hatten. Die Grundrichtung bleibt aber erhalten.

Eine erste Version des Kodexes, der im nächsten Jahr in Kraft treten soll, war im Oktober durch einen Bericht der Bild bekannt geworden. Darin hieß es unter anderem, Soldaten und Mitarbeiter sollten "jeden informellen Kontakt" zu Abgeordneten und Medienvertretern meiden. Dies gelte insbesondere "im Rahmen von persönlichen Treffen" oder am Rande von Empfängen und Veranstaltungen, wo "die obigen Regeln verletzt werden könnten". In der Truppe war dies als eine Art Sprechverbot und Angriff auf das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform empfunden worden. In der jüngsten Version ist die Passage umformuliert. Nun heißt es: "Eigenständige Kontakte zu Medienvertretern in dienstlichen Angelegenheiten oder mit dienstlichem Inhalt finden nur statt, soweit sie im Einzelfall ausdrücklich autorisiert sind."

Auch eine Passage, die in der Truppe als Aufforderung zur Denunziation verstanden worden war, klingt nun anders. Ursprünglich hieß es, "Verdachtsfälle und bereits eingetretene Verstöße" gegen den Kodex seien "umgehend anzuzeigen". In der neuen Version fehlt diese Aufforderung. Stattdessen heißt es neutral, bei Verstößen würden "gegebenenfalls angemessene und erforderliche Maßnahmen ergriffen". Es bestehe die Möglichkeit, "sich an den Compliance-Beauftragten zu wenden".

Ziel des Kodex: wirtschaftliche und politische Interessenkonflikte vermeiden

Der Kodex soll Basis eines Compliance-Management-Systems sein, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) einführen will. Compliance steht für die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und freiwilligen Kodizes. Anlass war eine Organisationsstudie zu Prozessen rund um das umstrittene Sturmgewehr G36 gewesen, die unter anderem diverse Verflechtungen zwischen Industrie und Wehrressort zutage gefördert hatte.

Künftig sollen jedoch deutlich über den Rüstungsbereich hinaus mögliche wirtschaftliche und politische Interessenkonflikte vermieden werden, etwa beim Thema Infrastruktur, wo ebenfalls hohe Summen ausgegeben werden. Generell, so die Befürworter, solle verdeckte Einflussnahme verhindert und das Ausmaß an Transparenz erhöht werden.

Dieser Ansatz wird auch mit der neuen Version weiterverfolgt, die offener und allgemeiner formuliert ist als die erste. Konkret mit Leben füllen und auf Einzelfälle anwenden soll den Kodex dann ein Compliance-Management-Beauftragter, der im Februar vorgestellt werden soll. Zu seinen Aufgaben wird es auch gehören, klare Regelungen für die Mitgliedschaft von Soldaten beispielsweise in wehrtechnischen Lobbyorganisationen zu treffen. Hohe Offiziere sind hier stark vertreten - entsprechend groß ist auch deswegen der Unmut.

Das Ministerium hingegen betont stets, dass der Kodex keine neuen Regeln aufstelle, sondern nur die bestehenden auf den Punkt bringe. Zur neuen Version wollte sich das Haus nicht äußern. Ein Sprecher verwies darauf, dass sich der Kodex derzeit "in der Abstimmung mit den Beteiligungsgremien" befinde.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2016
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