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Proteste gegen Corona-Maßnahmen:Niederlage für "Spaziergänger" in Karlsruhe

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Das Bundesverfassungsgericht lehnt einen Eilantrag gegen die Stadt Freiburg ab, die die angeblich spontanen Corona-Proteste untersagt hatte. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die sogenannten Corona-Spaziergänge dürfen von den Kommunen vorab untersagt werden - zumindest bis auf weiteres. Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die Stadt Freiburg abgelehnt, in dem Gegner der Corona-Maßnahmen sich auf die Versammlungsfreiheit berufen hatten.

Die Kommune hatte - wie bundesweit viele andere Städte - in einer Allgemeinverfügung "alle nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen" dieser Art untersagt - also eine Art Pauschalverbot gegen die angeblich spontanen Kundgebungen erlassen, die in Wahrheit vorab koordiniert werden. Indem die "Spaziergänge" nicht angemeldet werden, sollten offenkundig vorbeugende Auflagen umgangen werden, hatte die Stadt argumentiert. Das Verwaltungsgericht Freiburg und der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatten die Entscheidung bestätigt.

Nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts ist nicht geklärt, ob die im Grundgesetz geschützte Versammlungsfreiheit es zulässt, "präventiv ein Versammlungsverbot durch Allgemeinverfügung für eine prinzipiell unbestimmte Vielzahl von Versammlungen" zu erlassen. Dies sei eine "verfassungsrechtlich offene Frage, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss", entschied eine Kammer des Ersten Senats unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Stephan Harbarth. Dies wird frühestens in einigen Monaten der Fall sein. Vorabverbote von Demonstrationen sind grundsätzlich nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.

Die Abwägung ist gegen die Demonstranten ausgefallen

Weil diese Grundsatzfrage sich im Eilverfahren nicht klären lässt, hat das Gericht eine Folgenabwägung vorgenommen - die gegen die Demonstranten ausgefallen ist. Dabei stützte sich das Bundesverfassungsgericht auf die Einschätzung der unteren Instanzen, wonach die Nichtanmeldung der "Spaziergänge" offensichtlich den Zweck verfolgen, behördliche Auflagen zu vermeiden und Maßnahmen der Ordnungskräfte zu unterlaufen. Dies sei eine "naheliegende Feststellung", befand das Gericht. Nachvollziehbar fanden die Richter zudem die Einschätzung, die Protestierenden würden - wie bei vielen vorigen Gelegenheiten - ohne Maske und Abstand zur Kundgebung auflaufen.

Vor diesem Hintergrund sei ein vorheriges Verbot per Allgemeinverfügung zulässig, zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit. Dass es die "Spaziergänger" selbst sind, die eine Kooperation mit den Behörden und damit eine den Corona-Vorschriften entsprechende Gestaltung unmöglich machen, habe bei dieser Abwägung besonderes Gewicht.

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