Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Fehler im Sparpaket

Die Regierung um Kanzlerin Merkel hat ein Sparpaket mit zahlreichen Defiziten beschlossen: Es ist unausgewogen und ungerecht - denn Vermögende tragen keine zusätzlichen Lasten, Geringverdienern hingegen wird Geld genommen.

Nico Fried

Die Kanzlerin hat jüngst auf einen wichtigen Punkt hingewiesen: Die Energieversorger haben dem Atomausstieg zu Zeiten der rot-grünen Regierung nach schwierigen Verhandlungen, aber letztlich doch freiwillig zugestimmt. Insofern ist es schon bemerkenswert, welches Tamtam sie nun darum veranstalten, dass ihnen für Gewinne, auf die sie schon einmal ganz verzichtet hatten, eine zusätzliche Abgabe aufgeladen wird, nach deren Entrichtung ihnen immer noch ein hübsches Sümmchen übrig bleibt.

Diese Brennelementesteuer ist Teil des Sparpakets der schwarz-gelben Regierung. Und in einem Punkt kann die Kanzlerin den Energiekonzernen sogar dankbar sein: Die Proteste von RWE-Chef Jürgen Großmann und seinen Freunden lenken in für Angela Merkel angenehmer Weise von den wirklichen Defiziten ihrer Sparbeschlüsse ab. Das Paket ist unausgewogen, weil es den Vermögenden keine zusätzlichen Lasten auferlegt. Und es ist ungerecht, weil beim Elterngeld Gutverdienende nicht betroffen sind, während Eltern, die Hartz IV beziehen, Geld genommen wird.

Schuld ist natürlich wieder die FDP, sagt die Union. Aber verantwortlich sind alle, die diesen Unsinn beschlossen haben, egal ob aus Überzeugung oder mangelnder Durchsetzungsfähigkeit. Die Proteste der Strombosse ermöglichen es Merkel, sich als Kanzlerin aller Deutschen zu inszenieren, die sich dem Druck der Konzernherren nicht beugt - und sie ersparen es ihr zugleich, sich für die soziale Schieflage ihrer Vorhaben zu rechtfertigen. Richtig aber bleibt: Der Fehler im Sparpaket ist nicht, dass die Firma von Herrn Großmann mehr bezahlen soll, sondern dass Herr Großmann selbst nicht mehr bezahlen muss.

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Quelle:
SZ vom 02.09.2010
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