Süddeutsche Zeitung

Bund-Länder-Beschlüsse zu Corona:Fünf Tage Quarantäne

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Bei einem Infektionsfall sollen Schüler deutlich kürzer häuslich isoliert werden. Was außerdem für den Schulunterricht gilt - die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Paul Munzinger und Ulrike Nimz

Welche Schülerinnen und Schüler wechseln künftig in den Hybridunterricht?

Zunächst gilt es festzuhalten, für wen diese Maßnahme - der tägliche oder wochenweise Wechsel zwischen Distanz- und Präsenzunterricht - nicht in Frage kommt: für Kinder von der ersten bis zur siebten Klasse und für Abschlussklassen. Sie gehen weiterhin täglich zur Schule - selbst wenn die 7-Tage-Inzidenz den Wert von 200 Infektionen je 100 000 Einwohner überschreitet. Von der 8. Klasse an aber, so steht es im Beschluss von Bund und Ländern, sollen in solchen "Extrem-Hotspots" (NRW-Ministerpräsident Armin Laschet) "weitergehende Maßnahmen" ergriffen werden. Die Formulierung ist hier wichtig: Erstens heißt es sollen, nicht müssen. Einen Automatismus gibt es also nicht. Zweitens ist nicht explizit vom Hybridunterricht die Rede. Ob die Länder "weitergehende Maßnahmen" ergreifen und wenn ja, welche, bleibt ihnen überlassen. Die Kultusminister wollten den Präsenzunterricht zunächst erst ab der 11. Klasse zur Disposition stellen. Wenn man so will, wurden sie also drei Jahre heruntergehandelt. Das war's aber auch.

Hat das Bund-Länder-Treffen in dieser Frage überhaupt etwas verändert?

Streng genommen: nein. Die Möglichkeit, Klassen abwechselnd zu Hause und in der Schule zu unterrichten, gab es vorher schon, vereinzelt wurde sie auch genutzt, etwa in Niedersachsen. Ob das nun vermehrt geschieht, hängt von den Ländern ab. NRW etwa betont, auch weiterhin "schulspezifisch" entscheiden zu wollen, pauschale Lösungen für ganze Städte oder Kreise lehne man ab. Baden-Württemberg hält es genauso. Nur Bayern will den Wechselunterricht bei einem Inzidenzwert von mehr als 200 automatisch von Klasse 8 an einführen, es sei denn, der Abstand von 1,5 Metern kann anderweitig gewahrt werden. 27 Landkreise betrifft das aktuell. Bei einer Inzidenz von mehr als 300 können auch Klassen unterhalb von Jahrgangsstufe 8 einbezogen werden. Hier wiederum gilt auch in Bayern: können, nicht müssen.

Und die Maskenpflicht?

Der Beschluss vom Mittwochabend klingt in dieser Frage entschlossen: Jenseits einer Inzidenz von 50 gilt Maskenpflicht von der 7. Klasse an auch im Unterricht. Punkt. Brandenburg hat diese Regel am Donnerstag eingeführt, in vielen anderen Ländern gilt sie längst. Einige gehen auch darüber hinaus, die Maskenpflicht gilt mancherorts bis in die Grundschule. Manche Länder aber handhaben das Masketragen noch lockerer, etwa Sachsen. Dort wird an diesem Freitag über die Umsetzung des Bund-Länder-Beschlusses beraten.

Was passiert, wenn ein Schüler oder eine Schülerin sich infiziert?

Gibt es in einer Klasse einen Corona-Fall, dann entschieden bislang die Gesundheitsämter über das weitere Vorgehen. Und das konnte sehr unterschiedlich ausfallen: Mal musste nur das infizierte Kind in Quarantäne, mal auch seine Banknachbarn, mal die ganze Klasse, mal die ganze Stufe. Und mal dauerte die häusliche Isolation nur ein paar Tage, mal zwei Wochen. Das soll sich nun ändern. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, bei einem Infektionsfall eine Quarantäne von fünf Tagen anzuordnen, für das gesamte vom Gesundheitsamt definierte "Cluster" - in der Regel die Klasse.

Ermöglicht werden soll diese kurze Frist durch den verstärkten Einsatz von Antigen-Schnelltests. Sie sollen nach fünf Tagen zum Einsatz kommen, negativ getestete Kinder dürfen wieder in den Unterricht. Kinder mit positivem Ergebnis werden alle drei Tage zur "Wiederzulassung" getestet. Bayern will auch diese Regelung eins zu eins übernehmen, andere Länder beraten noch. Das liegt auch daran, dass es im Bund-Länder-Beschluss einen Satz gibt, der noch jede Menge Zündstoff enthalten könnte: "Wegen des zeitlich befristeten und anders strukturierten Kontakts", steht dort, würden "die Lehrer nicht in die Clusterisolation einbezogen". Heißt das, dass Lehrer anders als bisher nicht mehr in Quarantäne gehen sollen, wenn es eine Infektion in einer Klasse gab, die sie unterrichtet haben? Das wäre neu - und ziemlich brisant.

Wann beginnen die Ferien?

Letzter Schultag in diesem Jahr ist Freitag, der 18. Dezember. Alle Überlegungen, noch früher in die Ferien zu gehen, um möglichst viele Tage zwischen den letzten Schultag und Weihnachten zu bringen, sind damit vom Tisch. Im Großteil der Länder ändert sich also nichts, die Ferientermine waren genau so geplant. In einigen Ländern aber - darunter Bayern, NRW und Niedersachsen - fallen zwei Schultage weg, der Montag und Dienstag vor Weihnachten. Gibt es hier also ausnahmsweise eine gemeinsame Linie? Nein. Thüringen bleibt beim Ferienbeginn am 23. Dezember, auch Bremen behält sich das vor.

Wie soll Gedränge in Bahnen und Schulbussen verhindert werden?

Der Schülerverkehr soll entzerrt werden, beispielsweise durch gestaffelten Unterrichtsbeginn oder den Einsatz von zusätzlichen Schulbussen. Ob die dadurch anfallenden Kosten durch den Bund oder die Länder getragen werden sollen, war einer der Streitpunkte während der Schalte mit der Kanzlerin. Im Detail soll sich nun die Verkehrsministerkonferenz damit befassen. Dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer zufolge gibt es wegen abgesagter Busreisen vielerorts noch freie Kapazitäten, um Schülerfahrten anzubieten. Diese würden von Städten und Gemeinden jedoch nicht in vollem Umfang genutzt oder nur unzureichend finanziert. In vielen Bundesländern sind bereits zusätzliche Busse im Einsatz. In Rheinland-Pfalz können Kreise und Städte eine Busbörse nutzen oder mit den lokalen Busunternehmen mehr Fahrten vereinbaren. Das Land trägt 90 Prozent der Kosten.

In Bayern werden die Kommunen bis Jahresende wohl rund 20 Millionen Euro abgerufen haben, die die Staatsregierung für zusätzliche Schulbusse bereitgestellt hat. Für das kommende Jahr hat der Freistaat am Mittwoch weitere 20 Millionen Euro versprochen. Trotzdem gibt es in manchen Gegenden immer wieder Eltern und Schüler, die sich über rappelvolle Busse beschweren. Eine Vermittlungsplattform soll die Busunternehmen mit den einzelnen Landkreisen zusammenbringen, die als Träger ihrer Schulen die Verstärkerbusse bestellen müssen. Laut Verkehrsministerium stehen insgesamt 750 Fahrzeuge bereit. Von diesem Kontingent seien rund 350 Busse im Einsatz, weitere 400 stehen also noch bereit.

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