Süddeutsche Zeitung

Brexit:"Diese Krise ist eine britische"

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Mit einem Doppelbeschluss haben die EU-Staats- und Regierungschefs der britischen Premierministerin Theresa May aufgetragen, bis zum 12. April den Brexit zu regeln. Die Gefahr eines ungeordneten Brexit ist damit verschoben, aber nicht ausgeräumt. Entsprechend fallen auch die Reaktionen aus: Während Premierministerin Theresa May optimistisch ist, den (unveränderten) Vertrag mit der EU bei einer dritten Abstimmung durch das Unterhaus zu bringen, herrscht auf der europäischen Seite Skepsis vor.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lobt den Kompromiss, der seiner Ansicht nach die Interessen der Europäischen Union schützt. Der Aufschub solle dafür sorgen, dass es in der kommenden Woche kein Chaos gebe. "Wir haben Optionen aufgezeigt und Antworten geliefert, innerhalb unserer Grenzen und Bedingungen", sagte Macron. Nun sei es an Großbritannien, zu handeln. Die Union nimmt Macron in Schutz: "Die britischen Politiker sind unfähig, das umzusetzen, was das Volk von ihnen fordert. Diese Krise ist eine britische. Auf keinen Fall dürfen wir uns in dieser Situation verfangen, darum haben wir zwei Fristen gegeben. Wir sind organisiert."

May fordert die Abgeordneten des Unterhauses auf, kommende Woche dem Austrittsvertrag mit der EU zuzustimmen: "Ich hoffe, wir stimmen alle darin überein, dass nun ein Moment der Entscheidung ist." Mit der neuen Vereinbarung mit der EU über eine Verlängerung habe man mehr Zeit, einen geregelten Austritt zu erreichen. "Ich arbeite hart, damit das durchgeht." Falls es eine längere Verschiebung geben soll, müsse Großbritannien an den Europawahlen teilnehmen.

Skepsis vor der Unterhaus-Abstimmung - auch in Großbritannien

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht die Verantwortung für einen glimpflichen EU-Ausstieg beim britischen Parlament. "Wir haben Klarheit, was die nächsten Wochen betrifft", sagt er zu dem Gipfelbeschluss. Die EU hoffe nun auf eine Zustimmung im Unterhaus. "Wenn es die nicht gibt, rückt der harte Brexit einen Schritt näher."

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte betonte, bis zum 12. April könne das Vereinigte Königreich noch immer ohne Abkommen aus der Europäischen Union aussteigen. Er erwarte allerdings, dass die Briten so oder so mehr Zeit beantragten. "Sie sollten die Zeit nutzen, um auch im Falle eines No-Deals ein gutes Ausscheiden zu schaffen." Der juristisch letzte Zeitpunkt zum Verlassen der EU sei Juni, so wie es May auch bei der EU beantragt habe. Sonst gebe es Schwierigkeiten, wenn sich das neu gewählte Europaparlament im Juli erstmals konstituiere. Rutte warnte, wenn die Briten dann noch immer EU-Mitglied sein sollten, aber nicht an der Wahl im Mai teilgenommen haben, werde das zu jeder Menge juristischer Probleme führen.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, zweifelt daran, dass das britische Parlament dem Brexit-Deal nun zustimmen wird. "Ich glaube eher nicht, dass es nächste Woche eine positive Entscheidung für das Abkommen gibt", sagt der CDU-Politiker im ARD-"Morgenmagazin". "Dann ist wieder alles offen." Selbst eine britische Teilnahme an der Europawahl und ein zweites Referendum lägen dann auf dem Tisch. Das sei aber auch kein Drama.

Dem konservativen britischen Abgeordneten Craig Mackinlay zufolge, ist es nahezu ausgeschlossen, dass May doch noch eine Zustimmung zum Austrittsvertrag bekommen wird. "So wie das parlamentarische Chaos derzeit aussieht, würde ich sage, es ist sehr, sehr unwahrscheinlich", sagt Mackinlay.

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