Süddeutsche Zeitung

Vereinigtes Königreich:Boris Johnson hat in "Partygate"-Affäre das Parlament belogen

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Jetzt hat er es schriftlich: Ein lange erwarteter Untersuchungsbericht belegt endgültig, dass der Ex-Premier die Unwahrheit gesagt hat. Johnson wäre nicht Johnson, wenn er nicht lautstarken Protest einlegen würde.

Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson hat das Parlament "ernsthaft missachtet". Das geht aus einem lange erwarteten Bericht hervor, der belegen soll, dass Johnson die Abgeordneten über Partys in seinem Büro in der Downing Street belogen hat, die gegen Covid-19-Vorschriften verstießen. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass einige von Herrn Johnsons Dementis und Erklärungen so unaufrichtig waren, dass sie im Kern bewusste Versuche waren, den Ausschuss und das Haus in die Irre zu führen", schrieb der mehrheitlich konservativ besetzte, siebenköpfige Untersuchungsausschuss in dem Bericht.

Weiter heißt es, "dass das Verhalten von Herrn Johnson vorsätzlich war und dass er eine ernsthafte Missachtung des Hauses begangen hat". Johnson hatte dem Unterhaus wiederholt versichert, dass keine Regeln gebrochen worden seien. Später entschuldigte er sich dafür bei den Abgeordneten. Allerdings erst, nachdem er und der amtierende Premierminister Rishi Sunak zu Geldstrafen verurteilt worden waren, nachdem die Polizei eine Reihe von Lockdown-Partys in Downing Street, bei denen Alkohol getrunken wurde, untersucht hatte.

"Dieser Bericht ist eine Scharade"

Wäre er noch Abgeordneter, hätte das Gremium empfohlen, Johnson für 90 Tage zu suspendieren. Dem kam der Ex-Premier allerdings zuvor. Er hatte in der vergangenen Woche vorab Einblick in die Untersuchung erhalten und legte aus Protest sein Unterhausmandat nieder. Lügen oder Irreführung des Parlaments werden im Vereinigten Königreich streng bestraft. Da Johnson seinen Sitz aber bereits aufgegeben hat, empfiehlt der Ausschuss als Strafe, ihm das Recht zu entziehen, seinen Passierschein für den Zugang zum Parlament zu behalten.

Bei seinem Rücktritt vergangene Woche bezeichnete Johnson den Ausschuss als "Kangaroo Court", zu Deutsch etwa Schauprozess, und stellte die Befangenheit seiner Vorsitzenden, der Labour-Abgeordneten Harriet Harman, in Frage. In seiner Antwort erklärte der Ausschuss, Johnson habe mit seinem Angriff "die Integrität" des Parlaments angezweifelt. Am Donnerstag veröffentlichte der ehemalige Premierminister eine weitere lange Tirade, in der er erklärte, warum er immer noch nicht glaubt, dass er gegen die Regeln verstoßen hat. "Dieser Bericht ist eine Scharade", schrieb er.

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