Süddeutsche Zeitung

Bettencourt-Affäre:Paris setzte Geheimdienst auf Informanten an

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Der französische Geheimdienst hat seine Spionageabwehr auf einen Politiker angesetzt, der Journalisten brisante Informationen weitergegeben hat. Die Zeitung Le Monde hat Anzeige erstattet.

Michael Kläsgen

Die französische Polizei hat bestätigt, dass der Inlandsgeheimdienst des Landes Untersuchungen zu einem Informationsleck im Zusammenhang mit der Affäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt vorgenommen hat.

Es habe sich um eine "legitime Untersuchung des Ursprungs des Lecks" gehandelt, sagte Polizeichef Fréderic Péchenard der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Der Inlandsgeheimdienst habe die Aufgabe, die Sicherheit der Institutionen zu schützen, begründete der Polizeichef die Untersuchung. Sie habe den Beweis erbracht, dass ein ranghoher Ministerialbeamter Informationen weitergegeben habe. Der Fall sei am 2. September an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.

Die Tageszeitung Le Monde hatte der französischen Regierung zuvor vorgeworfen, den Geheimdienst eingeschaltet zu haben, um seine Informanten ausfindig zu machen. Auf der ersten Seite ihrer Dienstagsausgabe kündigte die renommierte Zeitung an, Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten. Die Regierung habe gegen den im französischen Presserecht verankerten Quellenschutz verstoßen.

Der Elysée hatte den Vorwurf umgehend dementiert. Das Präsidialamt habe "nie die geringste Anweisung" in dem Fall an "irgendeinen Dienst" gegeben.

Die Zeitung meint jedoch, konkrete Hinweise darauf zu haben, dass der Stab von Präsident Nicolas Sarkozy die Spionageabwehr darauf ansetzte, die Quelle des Journalisten Gérard Davet zu enttarnen. Der Einsatz des Inlandsgeheimdienstes DCRI sei angeordnet worden, nachdem Le Monde Mitte Juli aus Vernehmungsprotokollen zitiert hatte, die Arbeitsminister Eric Woerth belasteten.

Woerth steht in Verdacht, von der L'Oréal-Erbin und reichsten Frau Frankreichs, Liliane Bettencourt, als Schatzmeister der Partei des Präsidenten Spenden entgegengenommen und ihr anschließend als Haushaltsminister Steuervorteile gewährt zu haben.

Der Verdacht war offenbar auf David Sénat gefallen, den Berater in Strafrechtsfragen im Justizministerium von Michèle Alliot-Marie. Sénat soll Zugang zu den Protokollen gehabt und zum fraglichen Zeitpunkt mit Davet telefoniert haben.

Der hohe Beamte soll inzwischen in das Übersee-Département Französisch-Guayana in Südamerika versetzt worden sein. Das Justizministerium wies jedoch einen Zusammenhang zwischen der Versetzung und der Bettencourt-Affäre zurück.

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Quelle:
SZ vom 14.09.2010
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