Süddeutsche Zeitung

Berlin:Rausch unter Aufsicht

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Wenn es nach Kreuzbergs Bürgermeisterin Monika Herrmann geht, soll der Konsum von Cannabis künftig in Shops möglich sein - unter Kontrolle.

Von Jens Schneider, Berlin

Angefangen hat das Vorhaben keineswegs mit einer Leidenschaft für Marihuana. Die gibt es offenbar weder bei Kreuzbergs Bürgermeisterin Monika Herrmann noch beim für ihr Projekt "Cannabisfachgeschäfte" zuständigen Koordinator Horst-Dietrich Elvers. "Hier sitzen zwei, die ohne Kifferei leben, von Anfang bis jetzt", sagt die Grüne. "Es geht nicht um Happy-Kifferland", die Freigabe von Drogen sei nicht ihr Ziel. "Wir wollen die Kontrolle zurückerlangen. Dieser Staat hat über den Verkauf von Drogen keine Kontrolle mehr. Jeder kann sie kaufen." Kreuzberg hat massive Probleme mit illegalem Drogenhandel, den die Polizei kaum in den Griff bekommt.

Herrmann hat jetzt einen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte abgeschickt. Sie bittet um die Genehmigung, im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vier Verkaufsstellen für Cannabis einzurichten. Dort sollen alle im Bezirk gemeldeten Erwachsenen Cannabis kaufen können, zehn Gramm je Einkauf, bis zu 60 Gramm im Monat. Sie müssten sich bei einer unabhängigen Stelle registrieren lassen und würden dann mit einer Art ID-Karte bei den staatlich lizenzierten Betreibern einkaufen können. Das Cannabis soll in Berlin oder Brandenburg angebaut werden, auch das unter strenger Kontrolle. Denn es gehe um Gesundheits- und Jugendschutz und die Bekämpfung von Kriminalität. Wie aber Jugendliche vom Einkauf auf dem Schwarzmarkt abgehalten werden sollen, bleibt offen.

Herrmann sieht Kreuzberg als bundesweiten Vorreiter. "Letztendlich machen wir die Arbeit des Bundesgesetzgebers", sagt sie. "Ich glaube, dass wir ein kleines Stück Geschichte schreiben." Andere Kommunen interessierten sich schon für ihr Konzept, das etwa der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) kategorisch ablehnt. Binnen drei Monaten erwartet Herrmann eine Entscheidung des Bundesinstituts.

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Quelle:
SZ vom 27.06.2015
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