Süddeutsche Zeitung

Serbien:Proteste in Belgrad - Polizei setzt Tränengas gegen Demonstranten ein

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Mehrere Tausend Menschen protestieren in der serbischen Hauptstadt gegen mutmaßlichen Wahlbetrug bei der Kommunalwahl. Den Präsidenten bezeichnen sie als Dieb. Teilnehmer der Kundgebung versuchen, gewaltsam ins Belgrader Rathaus einzudringen.

Mehrere Tausend Anhänger der serbischen Opposition haben am Sonntagabend in Belgrad gegen mutmaßlichen Betrug bei der Kommunalwahl vor einer Woche demonstriert. Sie forderten eine Annullierung der Wahl. Es war der siebte Protest in Folge. Die Teilnehmer der Kundgebung zogen diesmal zum Belgrader Rathaus, in das sie gewaltsam eindringen wollten. Einsatzkräfte der Polizei setzten Tränengas gegen die Demonstranten ein, wie örtliche Medien berichteten. Insgesamt seien 30 Polizisten verletzt worden, mehr als 30 Demonstranten seien festgenommen worden.

Einige Menschen kletterten auf das Rathausgebäude, warfen Steine und schlugen Fenster ein. Gegen 22 Uhr (Ortszeit) drängte die Polizei die Demonstranten schließlich vom Rathaus ab.

Eine internationale Wahlbeobachtungsmission erklärte, die Regierungspartei SNS von Präsident Aleksandar Vučić habe sich durch Medienbeeinflussung und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe wie Stimmenkauf einen unfairen Vorteil verschafft. Vučić erklärte, die Wahlen seien fair verlaufen. Er bestritt am Sonntag den Vorwurf des Wahlbetrugs. "Vučić ist ein Dieb", skandierten dagegen die Demonstranten.

Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen und Kommunalwahlen in vielen Städten, darunter Belgrad, hatte die Partei des Präsidenten Siege errungen. Nach vorläufigen Ergebnissen kam sie auf 46,72 Prozent der Stimmen. Das Mitte-Links-Oppositionsbündnis "Serbien gegen Gewalt" erhielt 23,56 Prozent.

In der Hauptstadt fiel der Erfolg von Vučićs Partei am 17. Dezember jedoch knapp aus. Nach Darstellung der Opposition war auch dieser nur durch massiven Betrug zustande gekommen. Wahlbeobachter und Medien berichteten von zahlreichen Unregelmäßigkeiten. Unter anderem sollen Autobusse Menschen aus dem serbischen Teil Bosnien-Herzegowinas zur Belgrader Arena gebracht haben, wo sie Stimmen abgegeben hätten, ohne wahlberechtigt gewesen zu sein.

Die Demonstranten rufen: "Keine Kapitulation"

Am Sonntagabend versuchten Srdjan Milivojević und Vladimir Obradović vom Bündnis "Serben gegen Gewalt" vergeblich, die Tür des Rathauses zu öffnen, während die Menge "Kommt rein, kommt rein" und "Keine Kapitulation" rief. Ein weiteres Mitglied von "Serben gegen Gewalt", Marinika Tepić, befindet sich seit den Wahlen im Hungerstreik, um deren Annullierung zu fordern.

Die serbische Oberstaatsanwaltschaft teilte am Samstagabend in Belgrad mit, dass ihr mehrere Verstöße gegen die Wahlordnung angezeigt worden seien, darunter die Aktivitäten in der Belgrader Arena.

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