Süddeutsche Zeitung

Belarus:Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Opposition

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Die Behörde wirft einem neu geschaffenen Rat der Lukaschenko-Gegner vor, auf eine Machtergreifung zu zielen und die nationale Sicherheit zu gefährden.

Die belarussische Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen die Opposition. Es sei ein Strafverfahren gegen den neu geschaffenen sogenannten Koordinierungsrat der Gegner von Präsident Alexander Lukaschenko eingeleitet worden, teilte die Behörde in Minsk im Nachrichtenkanal Telegram mit.

Das Gremium ziele auf eine Machtergreifung ab und wolle die nationale Sicherheit gefährden, hieß es zur Begründung. Im Falle einer Verurteilung drohen für solche Anschuldigungen in Belarus bis zu fünf Jahren Haft. Lukaschenko hatte den Koordinierungsrat zuvor bereits für illegal erklärt und angekündigt, ihn aufzulösen.

Die Opposition unter der Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja hatte sich nach der umstrittenen Wahl zu einem Rat zusammengeschlossen, um nach eigenen Angaben eine friedliche Machtübergabe vorzubereiten. Unter den Mitgliedern sind auch die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch und der Chef des Menschenrechtszentrums Wesna, Ales Beljazki. Der Koordinierungsrat hatte am Mittwoch bei seiner ersten Sitzung eine Resolution für den Wandel in Belarus verabschiedet.

Lukaschenko hatte das Innenministerium in Minsk am Mittwoch angewiesen, die Proteste gegen ihn zu beenden. Die Geheimdienste sollen weiter nach den Organisatoren der jüngsten Demonstrationen gegen Lukaschenkos umstrittene Wiederwahl suchen, meldete die Nachrichtenagentur Belta.

Außenminister spricht von Veränderungen - und schränkt ein

Außenminister Wladimir Makej stellte am Donnerstag angesichts der Massenproteste in dem Land Reformen in Aussicht, ohne allerdings konkret zu werden. Veränderungen seien notwendig, sagte er in Minsk seinem Ministerium zufolge vor Diplomaten. Diese dürften aber nicht zu Konfrontationen zwischen Bürgern und Revolutionen führen. "In einem solchen Fall wird es mehr Opfer und negative Folgen geben." Wegen der Proteste gegen Lukaschenko sei Belarus "schon jetzt um viele Jahre zurückgeworfen" worden.

Seit der von massiven Fälschungen überschatteten Präsidentenwahl vor anderthalb Wochen gehen die Menschen in dem Land jeden Tag auf die Straße. Sie fordern eine Neuwahl und den Rücktritt von Lukaschenko nach 26 Jahren an der Macht. Der Präsident hatte das Ausland für die Proteste verantwortlich gemacht. Beweise dafür legte er aber nicht vor.

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SZ vom 21.08.2020
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