Süddeutsche Zeitung

Balkan:Serbien provoziert Kosovo mit bedrucktem Zug

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Ein Zug zwischen Serbien und dem Kosovo lässt alte Spannungen wieder aufflammen: Von Serbiens Hauptstadt Belgrad startete am Samstag ein Zug in Richtung Kosovksa Mitrovica. Die Stadt liegt im Norden des Kosovo, wo überwiegend ethnische Serben leben. Er kam jedoch nicht dort an.

Denn der Zug war eine fahrende Provokation. Serbien hatte ihn in den Nationalfarben bedruckt. Darauf stand der Schriftzug "Kosovo ist Serbien" in verschiedenen Sprachen. Das Innere der Wagen war mit Fotos orthodoxer Ikonen aus Klöstern ausgestaltet, die auf dem Territorium des Kosovo liegen.

"Wir haben einen Zug geschickt und keinen Panzer"

Der Zug passierte nach wechselseitigen Vorwürfen schließlich nicht die Grenze, sondern stoppte kurz davor im serbischen Ort Raska. Serbischen Angaben zufolge hatte Regierungschef Aleksandar Vucic den Zug anhalten lassen, da sich an der Grenze Dutzende kosovarische Polizisten einer Spezialeinheit formiert hatten. Er warf der Regierung in Priština vor, damit "einen weitreichenden Konflikt zu provozieren. Wir haben einen Zug geschickt und keinen Panzer."

Der serbische Präsident Tomislav Nikolic warf den Albanern im Kosovo vor, Krieg zu provozieren. Sein Land werde "jeden Zentimeter seines Territoriums" verteidigen, sagte er - und meinte damit auch das frühere Territorium, in dem Serben angeblich von Kosovoalbanern bedroht werden.

Kosovos Präsident Hashim Taci hatte zuvor die serbische Regierung dazu aufgerufen, den Zug zu stoppen, weil dieser die Souveränität des seit 2008 unabhängigen Staates bedrohe. Serbien erkennt die Unabhängigkeit Kosovos nicht an, sondern betrachtet das Land als abtrünnige Provinz. Mehr als hundert Staaten betrachten Kosovo hingegen als eigenen Staat, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland.

Beauftragte für Verhandlungen mit Serbien spricht von Destablisierung

Die kosovarische Beauftragte für Verhandlungen mit Serbien, Edita Tahiri, bewertete die Zugfahrt als Einmischung, die "beweist, dass Serbien Kosovo destablisieren will". Der serbische Minister für Kosovo, Marko Djuric, wies die Vorwürfe hingegen zurück und verwies darauf, dass es zwischen beiden Staaten auch zahlreiche Busverbindungen gebe.

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