Süddeutsche Zeitung

Ausbildungsmission im Irak:Regierung und Parlament streiten um Bundeswehr-Mandat

Lesezeit: 3 min

Die Regierung erwägt, Soldaten der Bundeswehr zu einer Ausbildungsmission in den Nordirak zu entsenden. Doch es entbrennt ein Streit darüber, ob das ohne ein Ja des Parlaments möglich wäre.

Von Stefan Braun und Christoph Hickmann, Berlin

Zwischen Regierung und Parlament bahnt sich ein Konflikt darüber an, ob es für die geplante Ausbildungsmission im Nordirak ein Mandat des Bundestages geben sollte. Während die Bundesregierung auf eine Mandatierung verzichten möchte, kommen von den Parlamentariern Forderungen, den Bundestag entscheiden zu lassen. Die Position, dass es ein Mandat geben sollte, wird dabei nicht nur von der Opposition vertreten, sondern auch in den Reihen der schwarz-roten Koalition.

Die Ausbildungsmission in Mali ist jedenfalls vom Bundestag abgesegnet worden

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold wies zunächst die These zurück, seine Partei wolle ein Mandat vermeiden, weil es in den eigenen Reihen nicht durchsetzbar wäre: "Das ist kompletter Unfug", sagte er. Der Grund für die Zurückhaltung der Regierung liege darin, "dass sich die Bundesregierung nicht sicher ist, ob ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte, der nicht in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit stattfindet, nach unserer Verfassung mandatierungsfähig ist". Hintergrund ist eine entsprechende Festlegung im Grundgesetz. Auf ihr gründet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Auslandseinsätze der Bundeswehr nur möglich sind, wenn sich die Bundesrepublik in ein "System gegenseitiger kollektiver Sicherheit" einordnet. Als ein solches wird etwa die Nato gesehen.

Tatsächlich gibt es in Regierungskreisen die Befürchtung, dass die mögliche Ausbildungsmission im Irak einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhielte, wenn man sie mandatierte. Nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz muss der Bundestag einer Entsendung der Streitkräfte zustimmen, wenn die Soldaten "in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist".

Bislang basierte das Handeln der Regierung, also die Lieferung von Waffen an die Kurden und die Einweisung an den Geräten, auf der Feststellung, dass die irakische Regierung sich gegen die IS-Terrormilizen verteidige und die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten habe. Das liefert nach Kapitel sieben der UN-Charta die Grundlage für das bisherige Engagement.

"Die Frage ist, ob wir auch mandatieren können, wenn es sich nicht um einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte handelt", sagte Arnold. "Meine Tendenz lautet: Ja." Eine Mandatierung habe zwei Vorteile: "Zum einen gibt es den Wunsch der Soldaten nach einer eindeutigen parlamentarischen Grundlage. Zum anderen ist die Frage, warum wir in diesem Fall nicht mandatieren sollten, während wir die Ausbildungsmission in Mali mandatiert haben, wo es auch nicht um einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte geht." Wenn es rechtlich machbar sei, solle es seiner Meinung nach ein Mandat geben. "Und wenn es nicht machbar ist, sollte es mindestens eine parlamentarische Entschließung geben."

"Wir sollten unsere Soldaten nicht ohne die Legitimation des deutschen Parlaments in dieses Krisengebiet senden"

Noch entschiedener äußerte sich die CSU. Wenn man Bundeswehrausbilder in den Nordirak schicke, "sollten wir dafür unbedingt ein Bundestagsmandat einholen", sagte ihr Sicherheitspolitiker Florian Hahn: "Auch wenn ein Kampfeinsatz ausgeschlossen ist und es sich ausschließlich um eine Ausbildungsmission handelt, sollten wir unsere Soldaten nicht ohne die Legitimation des deutschen Parlaments in dieses Krisengebiet senden." Sein CDU-Kollege Henning Otte sagte: "Auch wenn nach jetzigem Stand die zukünftige Ausbildungsmission unterhalb der mandatspflichtigen Grenze ist, ist im Zweifel eine Mandatierung allemal wünschenswert, um eine breite parlamentarische und damit gesellschaftliche Unterstützung zu erreichen."

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen forderte die Regierung dazu auf, "sich weiterhin dafür einzusetzen, dass es eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gibt". In diesem derzeit unwahrscheinlichen Fall wäre das Problem des fehlenden Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit gelöst.

Das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium prüfen derzeit, ob die Bundeswehr sich am Training kurdischer Kämpfer beteiligen kann, die sich der Terrormiliz IS entgegenstellen. Dafür sollen möglicherweise deutsche Militärausbilder nach Erbil im Nordirak geschickt werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bestätigte am Donnerstag, dass es zunächst eine gemeinsame Erkundungsreise mit Vertretern beider Ressorts geben soll.

Kritik am Vorhaben der Regierung kam auch aus der Opposition. "Gerade weil eine Ausbildungsmission unter bestimmten Bedingungen ein richtiger und sinnvoller Beitrag zur Stabilisierung der Lage sein könnte, ist es wichtig, diese auf eine breite politische und rechtlich sichere Grundlage zu stellen", sagte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger.

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Quelle:
SZ vom 24.10.2014
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