Süddeutsche Zeitung

Asylverfahren:Wie die Bamf-Chefin versucht, den Ruf ihrer Behörde zu retten

Lesezeit: 2 min

Von Mike Szymanski, Berlin, und Benedikt Peters

Das Asyl-Bundesamt am Standort Berlin macht am Freitag so gar nicht den Eindruck einer Behörde in Aufruhr. Auf den Fluren ist es still, nur gelegentlich verlässt mal jemand sein Büro. Es gibt Warteecken, kunstvoll gestaltet mit Versatzstücken aus Holz an den Wänden in den Farben: Schwarz, Rot, Gold. Davor eine Bank aus Holz, die an Wartehallen in alten Bahnhöfen erinnert. Die Mitarbeiter in den Büros nennen sich "Entscheider" - so steht es an ihren Bürotüren.

Mit der Stille ist es vorbei, als Behördenchefin Jutta Cordt gegen kurz vor zehn Uhr den Flur entlangschreitet und auf den großen Konferenzraum zusteuert. Die 54-Jährige hat heute den Auftrag, den Ruf ihrer Behörde zu retten.

Seit Wochen steht das Asyl-Bundesamt im Zentrum einer Affäre um manipulierte Asylbescheide. Konkret geht es um die Außenstelle Bremen, in der frühere Mitarbeiter unter Verdacht stehen, zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren.

Entsprechend ernst wirkt die Bamf-Chefin an diesem Morgen, sie schaut häufig auf die mitgebrachten Notizen. Es kommt auf jedes Wort an, so wirkt es. Cordt bemüht sich um Schadensbegrenzung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werde die Vorwürfe um manipulierte Asylverfahren "mit Hochdruck" aufklären, verspricht sie. Und räumt ein, dass es bei einer Reihe positiver Asylentscheidungen zu "Implausibilitäten" gekommen sei.

70 Mitarbeiter sind mit der Aufklärung des Skandals beschäftigt

Ob dies tatsächlich 1200 Verfahren betrifft, das bestätigt Cordt nicht. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe man eine interne Überprüfung von 4568 Asylververfahren eingeleitet. Entschieden worden seien viele von diesen in Bremen, manche auch in anderen Außenstellen. Die festgestellten Implausibilitäten hätten dazu geführt, dass einige der positiven Asylentscheidungen nun widerrufen würden.

Abgesehen von Bremen aber habe man "keine Hinweise auf bewusste Manipulationen" in anderen Außenstellen des Bundesamtes gefunden. Alle positiven Entscheidungen der Außenstelle in Bremen würden nun bis zurück zum Jahr 2000 geprüft, insgesamt seien dies 18 000 Fälle.

Das werde "mindestens drei Monate" dauern, 70 Mitarbeiter des Bamf würden eigens für die Aufklärung der Affäre abgestellt. Natürlich habe dies auch "Auswirkungen auf die Bereiche, aus denen die Mitarbeiter kommen", sagte Cordt. Übersetzt heißt das: Wegen des Skandals arbeitet die Behörde an anderen Stellen nun langsamer.

Die Vorgänge in Bremen hatten auch deshalb hohe Wellen geschlagen, weil Josefa Schmid, die Nachfolgerin der beschuldigten Außenstellenleiterin, aus Bremen wegversetzt worden war. Sie hatte im April einen kritischen Bericht an den Parlamentarischen Staatssekretär im Innenministerium (BMI), Stephan Mayer, geschickt, in dem sie der Bamf-Zentrale eine Mitverantwortung für die Missstände in Bremen gibt. Nachdem der Bericht vergangene Woche öffentlich geworden war, war Schmid nach Deggendorf versetzt worden, sie protestiert dagegen.

Cordt sagt in Berlin dazu, Schmids Versetzung sei ganz "normal". Sie habe das Amt in Bremen nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihre Vorgängerin ohnehin nur vorübergehend leiten sollen, parallel sei nach einem dauerhaften Außenstellenchef gesucht worden. "Irgendwann ist das Vorübergehende zu Ende. Diese Abordnung haben wir beendet."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3985026
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/bepe
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.