Süddeutsche Zeitung

Asylbewerber:Bund und Länder streiten weiter über Flüchtlingskosten

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Von Cerstin Gammelin, Berlin

Am Tag nach dem Vertagen gab es zumindest neue Termine. Wenn am 8. Juli der Bundesrat erneut zusammentritt, wollten Bund und Länder die großen Probleme gelöst haben, verlautete am Freitag in Berlin. Es ist die letzte reguläre Sitzung der Länderkammer vor der Sommerpause, und die Agenda der ungelösten Aufgaben reicht von der Entscheidung über die Einstufung der drei nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien als sogenannte sichere Herkunftsstaaten bis hin zur Verteilung der Integrationskosten für Flüchtlinge zwischen Bund und Ländern sowie der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.

Keine Einigung auf Gesamtpaket

Am Donnerstagabend hatte ein Gipfel der Ministerpräsidenten im Kanzleramt in allen drei Punkten keine Einigung gebracht. Der Bund hatte zwei Milliarden Euro zusätzlich für die Flüchtlinge angeboten, die Länder hatten neun Milliarden Euro gefordert. Und zudem verlangt, alle Entscheidungen miteinander zu verknüpfen. Nach fünf Stunden vertagten sich beide Seiten, sichtlich ernüchtert wegen des Verlaufs des Treffens. Man liege in den Vorstellungen weit auseinander, hieß es auf Seite der Ministerpräsidenten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bestätigte, dass man sich nicht auf ein Gesamtpaket habe einigen können.

Am Morgen danach schlug Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus der Ferne einen versöhnlicheren Ton an. Im Streit über die Verteilung der Flüchtlingskosten forderte er von den Ländern, ihre Integrationsleistungen klar zu belegen. "Die Länder sagen, sie hätten höhere Belastungen, der Bund weist auf seine Belastungen hin", sagte Schäuble am Freitag in Luxemburg. Es werde weiterverhandelt. Aber die Bundesregierung habe klargemacht, das der Bund sein Angebot nicht nachbessern werde, "solange die Länder nicht bereit sind, die jeweiligen Belastungen in (...) einem objektiven Verfahren zu belegen".

Bouffier setzt Bund erneut unter Druck

Bund und Länder hatten sich in den vergangenen Wochen teilweise abenteuerlich klingende Kalkulationen vorgelegt über ihre jeweiligen Flüchtlingskosten. Der Bund rechnete auch das Geld für Entwicklungshilfe und Bundeswehreinsätze ein und kam auf 16 Milliarden Euro. Die Länder wiesen 21 Milliarden aus und forderten den Bund auf, die Gesamtkosten hälftig zu übernehmen.

Von dieser Haltung wollten sie auch am Freitag nicht abweichen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier setzte den Bund erneut unter Druck, nachzugeben. Bouffier sagte im Deutschlandradio, die Länder hätten "die Einwanderung nicht zu vertreten. Das war eine Entscheidung des Bundes". Folglich müsse der Bund zahlen, dessen Beitrag sei bisher "nicht ausreichend". Bouffier betonte, es gehe nicht darum, einen Kompromiss für das nächste halbe Jahr zu finden, sondern langfristig "die richtigen Weichen" zu stellen. Die Integration der Flüchtlinge sei "eine Herausforderung, wie wir sie noch nie hatten".

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SZ vom 18.06.2016
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