Süddeutsche Zeitung

Asyl:Innenminister: Flüchtlingsstrom vom Balkan "blamabel" für Europa

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Von Jens Schneider, Eisenhüttenstadt

"Es ist eine große Herausforderung, aber es ist keine Überforderung", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Ende seines Rundgangs auf dem Gelände der früheren Kaserne der DDR-Volkspolizei in Eisenhüttenstadt. Deutschland könne und werde den Zustrom an Flüchtlingen bewältigen, betont der Innenminister. "Wir sind ein freies und ein reiches Land." Und dann bezieht er klar Stellung: Es gebe, nicht hier in Eisenhüttenstadt, aber an anderen Orten zunehmend Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. "Das ist unverständlich, unakzeptabel und unseres Landes unwürdig", sagt de Maizière.

Weitab von der Landeshauptstadt Potsdam liegt die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt nahe der polnischen Grenze. Hier ist die Zentrale Erstaufnahme des Landes untergebracht, in den letzten Wochen kamen immer mehr Flüchtlinge nach Eisenhüttenstadt , vor allem im Juli. Rund 2000 leben derzeit auf dem Gelände, viele in Zelten und Containern. Der Bundesinnenminister hat zuletzt bundesweit eine Reihe von Flüchtlings-Unterkünften besucht. Auch in Eisenhüttenstadt lässt er sich nun die Abläufe genau erklären, fragt nach konkreten Problemen und nach Ideen für Lösungen. "Wo kommen denn die Zelte her?" fragt er den Leiter der Einrichtung gleich zu Anfang, die großen Wohnzelte würden ja wohl knapp. Die habe man in Rotterdam aufgetan, erfährt er, sie stammen aus alten Beständen der US-Army.

Auch an diesem Morgen sind weitere Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt angekommen. Die deutsche Öffentlichkeit müsse sich darauf einstellen, sagt der Innenminister, dass in diesem Jahr noch deutlich mehr kommen würden als bisher prognostiziert wurde. Bislang ging das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von 450.000 in diesem Jahr aus. Seit Juni habe es jedoch einen großen Anstieg der Asylbewerberzahlen gegeben, sagte de Maizière. Eine konkrete Zahl will er kommende Woche nennen.

"Der Schlüssel liegt darin, dass wir differenzieren", sagte de Maizière weiter und bezog das auf die Herkunftsländer der Flüchtlinge. In Eisenhüttenstadt seien viele Flüchtlinge aus Syrien, die ziemlich sicher in Deutschland bleiben könnten. Die zweit -und drittmeisten Asylsuchenden kämen aus Serbien und Albanien, die zu größten Teilen nicht bleiben könnten. Es sei wichtig, dass es für sie schnelle und faire Verfahren gebe und dass "sie dann schnell das Land wieder verlassen".

Der Bundesinnenminister bezeichnete es als "inakzeptabel", dass derzeit rund 40 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland vom Westbalkan kämen, er nannte dies blamabel für Europa. Es gelte, die Situation der Menschen dort zu verbessern. Er sprach sich zugleich dafür aus, weitere Länder des Westbalkans als sichere Herkunftsländer einzuordnen. Eine solche Initiative sei von Union und SPD gewollt, sie würde derzeit aber noch im Bundesrat am Widerstand der Grünen scheitern. Falls sich diese Lage ändere, werde er am nächsten Tag einen Gesetzentwurf vorlegen, sagte de Maiziere.

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