Süddeutsche Zeitung

Asyl für Whistleblower:Willkommen in Russland, Edward Snowden

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Unternehmen, Journalisten, russische Mädchen - alle wollen Edward Snowden: Lustvoll berichten einheimische und internationale Medien über Job- und sonstige Angebote, die der Whistleblower bekommt. Doch der Enthüller selbst hält sich bedeckt.

Von Hannah Beitzer

Nein, man kann wirklich nicht sagen, dass US-Politiker begeistert seien von der Tatsache, dass Russland dem Whistleblower Edward Snowden nun für ein Jahr Asyl gewährt hat. "Stich in den Rücken", "Schlag ins Gesicht aller Amerikaner" - so lasen sich die ersten Stellungnahmen von Senatoren. In Russland hingegen wird Edward Snowden begrüßt wie ein verloren geglaubtes Maskottchen.

Pawel Durow, der Chef des russischen Facebook-Pendants "Vkontakte" zum Beispiel bot dem Enthüller gleich einen Job an. "Wir laden Edward Snowden nach Petersburg ein und wären glücklich, wenn er dem exzellenten Programmierer-Team von Vkontakte beitreten würde", schreibt Durow auf seinem Vkontakte-Profil. Er sei froh, dass Russland dem Whistleblower Asyl biete: "In einem solchen Moment bin ich stolz auf mein Land und bedauere den Kurs, den die USA einschlagen - ein Land, das die Prinzipien verrät, auf denen es einst begründet wurde."

Emotional ausgebrannt

Anwalt Anatolij Kutscherena zufolge erlauben die Dokumente, die Snowden von der Migrationsbehörde bekommen hat, dem Enthüller, sich in Russland frei zu bewegen und zu arbeiten. Und, so deutet Kutscherena an, Durows Angebot sei nicht das einzige, das Snowden erhalten habe. Er habe auch viele Anrufe von russischen Mädchen erhalten, die mit dem Whistleblower in Kontakt treten wollten.

"Es sieht so aus, als würde Snowden bald die absolut neue Erfahrung machen, was es heißt, ein männlicher Expat in Russland zu sein", bilanziert das Politik-Magazin New Republic trocken. Steht Snowden also ein lockeres Leben mit coolem Job und netten Frauenbekanntschaften bevor? Jedenfalls, so berichten Medien, wolle er in Russland bleiben und lerne auch schon die Sprache - mit Hilfe von Dostojewski, dessen "Schuld und Sühne" ihm sein Anwalt in den Transitbereich des Flughafens brachte.

Ein bisschen anders hört sich an, was Snowden-Anwalt Anatolij Kutscherena sagt. Der Enthüller sei "emotional ausgebrannt", vorerst müsse er sich erholen. Den Aufenthalt auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo habe er aus eigener Tasche bezahlt, nun solle der Vater des Enthüllers nach Moskau kommen - auch, um Snowden mit Geld zu versorgen, spekulieren die Medien. Und auf die Angebote russischer Mädchen habe der Enthüller mit der Aussage reagiert: "Ich vermisse immer noch meine Freundin."

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