Süddeutsche Zeitung

Aserbaidschan:Alijew baut seine Macht aus

Der aserbaidschanische Präsident lässt über eine Verfassungsänderung abstimmen - sie würde seine Amtszeit verlängern.

Von Frank Nienhuysen, München

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew baut seine ohnehin große Machtstellung durch eine Volksabstimmung weiter aus. Mit dem Verfassungsreferendum vom Montag würde sich die Amtszeit des Staatschefs von fünf auf sieben Jahre verlängern. Der Präsident kann außerdem künftig leichter das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen. Darüber hinaus sieht die Novelle das neue Amt eines Vizepräsidenten vor, der von Präsident Alijew ernannt wird und der dessen Aufgaben übernimmt, sollte Alijew sie nicht selbst wahrnehmen können. Kritiker befürchten, dass mit dem Referendum () die Familiendynastie der Alijews in Aserbaidschan gefestigt wird. Das bisherige Mindestalter für Präsidentschaftskandidaten von 35 Jahren würde mit der Verfassungsänderung aufgehoben, Parlamentsabgeordneter dürfte man schon mit 18 Jahren werden. Alijew hat drei - zum Teil bereits sehr einflussreiche - Kinder, die von den Neuerungen profitieren könnten. Sohn Heydar Alijew ist 19 Jahre alt. Der regierungskritische Sender Meydan TV vermutet, dass für ihn der Weg für eine politische Karriere frei gemacht werden soll. Präsident Ilham Alijew hatte 2003 das Amt von seinem Vater übernommen. Die Verfassungsexperten des Europarats, die Venedig-Kommission, kritisierten die geplanten Änderungen. Diese würden dem Präsidenten "beispiellose Macht" geben und seien "nicht gerechtfertigt". "Besonders beunruhigend" sei, dass der Posten eines nicht gewählten Vizepräsidenten geschaffen werde, der plötzlich das Land führen könnte. Aserbaidschan gilt wegen seines Ölreichtums und seiner Lage am Kaspischen Meer als strategisch wichtig. Das aserbaidschanische Präsidialamt nannte die Kritik des Europarats "voreilig" und "unbegründet". Gegen die Volksabstimmung hatten vorige Woche in Baku mehrere Hundert Menschen demonstriert. Das Ergebnis des Referendums soll erst im Oktober bekannt gegeben werden.

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SZ vom 27.09.2016
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