Süddeutsche Zeitung

Anschläge in Pakistan:Die Stärke der Extremisten

Anschläge gehören in Pakistan mittlerweile zum traurigen Alltag. Doch der jüngste Vorfall ist eine Blamage für die Armee. Er hat den Glauben an das pakistanische Militär vehement erschüttert.

Tobias Matern

Was für eine verheerende Woche für Pakistan. Erst sprengten sich Selbstmordattentäter der Taliban in einem UN-Gebäude in Islamabad in die Luft; Tage später wurde ein populärer Markt in Peschawar attackiert. Die bittere Bilanz: mehr als 50 Tote.

Beide Ereignisse hätten schon gereicht, um einen normalen Staat und seine Menschen in den Würgegriff der Angst zu nehmen. Derartige Ereignisse gehören allerdings zum traurigen Alltag der Pakistaner.

Am Wochenende kam es dann zu einer schrecklichen Eskalation, als ein extremistisches Kommando das Machtzentrum des traumatisierten Landes angriff. Militante verschanzten sich einen Tag lang mit Geiseln im Hauptsitz der Armee, die in Pakistan - trotz demokratischer Regierung - das Sagen hat.

Die Extremisten senden damit einen beängstigenden Beleg ihrer Stärke aus. Das Hauptquartier von Rawalpindi gilt, besser: galt, neben den Atomwaffenlagern als das am besten bewachte Areal in ganz Pakistan. Wenn gerade einmal eine kleine Gruppe islamistischer Kämpfer, die den Staat und sein Anti-Terror-Bündnis mit dem Westen hassen, die Sicherheitsschleusen durchbrechen können, ist das eine Blamage für die Armee.

Dabei hatte das Militär dieses Jahr einen entscheidenden Alliierten gewonnen: Die Menschen in Pakistan haben nach dem Vormarsch der Taliban erkannt, dass die stillschweigende Sympathie für die Extremisten ihr muslimisches Land, ohne dass es auch in Afghanistan keine Stabilität geben kann, an den Rand des Kollaps bringt. Sie wendeten sich von den Taliban ab und der Armee zu, weil sie ihr am ehesten zutrauten, die Macht der Militanten einzudämmen. Dieser Glaube ist nun erschüttert.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2009
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