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Japan: GAU oder Super-GAU:Warum Fukushima-1 ein Super-GAU ist

Unfall, GAU oder schon Super-GAU - wie lautet der korrekte Begriff für die Katastrophe von Fukushima-1? Zwar lässt sich das Wort "größter" nicht steigern, wohl aber der "größte anzunehmende Unfall".

Patrick Illinger

Der "Größte Anzunehmende Unfall", kurz GAU, ist eine im Verwaltungsrecht geborene Floskel, die zum Synonym für das nukleare Grauen geworden ist. Unter einem GAU verstehen die meisten Menschen das Schlimmste, was in einem Atomkraftwerk passieren kann: eine Kernschmelze oder eine Explosion des Brennmaterials, jedenfalls den größtmöglichen Unfall.

Doch genaugenommen ist der GAU nicht ganz so groß, denn er bezeichnet lediglich den größten Unfall, den ein Kernreaktor aushalten muss, ohne die Umwelt zu kontaminieren. Der GAU - von Experten heute "Auslegungsstörfall" genannt - macht also kurz vor der Katastrophe Halt.

Darüber hinaus gibt es in der Fachwelt keinen rechten Ausdruck, weshalb irgendwann der "Super-GAU" geboren wurde. Was sich anhört wie eine von Super-Illu und Boulevardkonsorten erfundene, unzulässige Steigerung eines nicht steigerungsfähigen Begriffs, hat tatsächlich eine inhaltliche Berechtigung.

Zwar lässt sich das Wort "Größter" nicht steigern, wohl aber der "Größte Anzunehmende Unfall". Das ist schlicht der Unfall, den ein Reaktor nicht mehr ohne ernste Schäden für die Umwelt verkraftet. Die Katastrophe von Fukushima geht definitiv über einen GAU hinaus.

Das Erdbeben lag mehr als eine Magnitude über dem größten anzunehmenden Erdbeben. Über den stilistischen Wert des Begriffs "Super-GAU" lässt sich dennoch streiten.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2011
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