Süddeutsche Zeitung

AfD:Gespaltene Spalter

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Der Machtkampf in der AfD spitzt sich bei einem Krisentreffen am Samstag zu. Am Ende aber geht Parteichef Jörg Meuthen gestärkt aus dem nicht-öffentlichen Bundeskonvent seiner Partei hervor.

Von Markus Balser, Berlin

Der Streit um den Rauswurf von Rechtsaußen Andreas Kalbitz, die Folgen der Spendenaffäre, eine Art Vertrauensfrage um Parteichef Jörg Meuthen: Schon die Tagesordnung machte den 55 Mitgliedern des AfD-Bundeskonvents, einem kleinen Parteitag der Rechtspopulisten am Samstag im sächsischen Lommatzsch, klar, dass es ein turbulentes Treffen werden würde. Die Türen blieben für die Öffentlichkeit geschlossen. Als sie wieder aufgingen, klang es plötzlich fast nach Versöhnung. Man habe zwar kontrovers diskutiert, sagte der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla. Dennoch arbeite der Bundesvorstand eng zusammen. "Wir sind eine AfD, es gibt keine Spaltung."

Doch es war wohl nur der Versuch, die Sache nicht noch schlimmer zu machen. Denn Teilnehmern der Sitzung zufolge erlebten die Konventmitglieder keineswegs die neue Einheit der Partei, sondern ihre zunehmende Spaltung. Mit Meuthen und Chrupalla habe sich auf dem Treffen auch die Doppelspitze persönlich intensiv beharkt, verlautete anschließend aus der AfD. Etwa beim Umgang mit der Spendenaffäre von Co-Parteichef Meuthen.

Die mutmaßlich unlautere Wahlkampfhilfe durch die Schweizer Werbeagentur Goal AG liegt zwar schon vier Jahre zurück. Doch die knapp 90 000 Euro teure Kampagne bringt den Parteichef auch in diesen Tagen noch immer in Bedrängnis. Die Bundesverwaltung hat die Hilfen bereits als illegale Parteispende eingestuft und eine Geldbuße von 269 000 Euro gegen die AfD verhängt - den dreifachen Wert der Summe. Vor dem Verwaltungsgericht hatte sich Meuthen bei einer Klage gegen die Strafe mit dem Argument verteidigt, er habe das Ausmaß der Hilfen nicht bemerkt. Er sei unerfahren und sehr beschäftigt gewesen. Das Gericht wies die Klage im Januar ab. Nun erschüttert auch noch eine eidesstattliche Versicherung von Ralf Özkara Meuthens Version. Özkara war früher Meuthens Büroleiter. In dem Papier behauptet er, dass der heutige Parteichef 2016 eingeräumt habe, die Goal AG unterstütze seinen Wahlkampf "im größeren Umfang" mit Großplakaten und einer Homepage. Der Chef der Agentur sei ein persönlicher Bekannter. Meuthen habe von ihm gefordert: "Hängen Sie das nicht an die große Glocke. Das ist ein bisschen heikel, weil diese Geschichten aus der Schweiz kommen." So erinnert sich Özkara. Stimmt die Version, hätte Meuthen doch einiges von der Wahlkampfhilfe gewusst. Er bestreitet diese Aussagen.

Klar ist damit allerdings, dass die Affäre noch nicht ausgestanden ist. Dabei würde ein Teil des AfD-Bundesvorstands um Meuthen die Sache gerne zu den Akten legen. Es geht schließlich um viel. Ob sich die Affäre halbwegs geräuschlos beerdigen lässt, entscheidet wohl auch darüber, ob Meuthen eine Chance hat, als Spitzenkandidat der AfD in den nächsten Bundestagswahlkampf zu ziehen. Seine innerparteilichen Gegner aus dem Lager des aufgelösten "Flügels" wollen das offenbar verhindern. Denn sie wollten den Bundesvorstand dazu verdonnern, das Verfahren weiter zu führen. Erst nach viel Gegenwind für die Antragsteller aus dem thüringischen Landesverband von Björn Höcke wurde das Papier zurückgezogen. Der AfD-Bundesvorstand könnte sich damit schon an diesem Montag gegen eine Berufung entscheiden und damit auch dafür, die Strafe endgültig zu akzeptieren. So ließe sich ein zähes Verfahren im Wahljahr 2021 verhindern, heißt es aus der Partei. Meuthen geht gestärkt aus dem Konvent hervor. Auch weil er sich in einer weiteren Abstimmung durchsetzte. Kritiker wollten ihm wegen des vor Gericht zunächst gescheiterten Kalbitz-Rauswurfs "parteischädigendes Verhalten" attestieren. Doch auch dieser Antrag scheiterte. Allerdings nur sehr knapp. 27 Delegierte stellte sich hinter den Parteichef, 23 votierten gegen ihn. Am Freitag hatte Meuthen eine juristische Niederlage hinnehmen müssen: Das Landgericht Berlin hatte die Aufhebung von Kalbitz' Mitgliedschaft durch den Bundesvorstand für unzulässig erklärt. Damit darf der als rechtsnational geltende Politiker seine Rechte als Parteimitglied und als Mitglied im Bundesvorstand bis zur Entscheidung des AfD-Bundesschiedsgerichts wieder ausüben. Meuthen zeigte sich zuversichtlich, dass das Schiedsgericht die Mitgliedsrechte aberkennen werde.

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SZ vom 22.06.2020
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