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Abstimmung im Bundestag:Erdoğan appelliert in Armenien-Frage an "gesunden Menschenverstand" Deutschlands

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan über die geplante Bundestagsresolution zu den Massakern an den Armeniern im Osmanischen Reich gesprochen. Thema des Telefonats am Dienstagmittag sei auch die weitere Umsetzung des Flüchtlingsabkommens von EU und Türkei gewesen, teilte ein Regierungssprecher mit. Weitere Angaben machte er nicht.

Der türkische Präsident hingegen ließ mehr verlauten. Er habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert und seine "Besorgnis" über die Wortwahl der Resolution kundgetan, sagte er. Die Beziehungen beider Länder seien derzeit "auf der höchsten Stufe". Nach der Abstimmung am Donnerstag werde die Türkei aber über mögliche Reaktionen nachdenken. Wenn Deutschland "in diese Falle tappt, würde das unsere künftigen Beziehungen beschädigen - die diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen, kommerziellen und militärischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern", sagte Erdoğan. All dies müsse berücksichtigt werden.

Nach internationalem Recht sei die Resolution nicht verbindlich, fügte er hinzu. "Wir erwarten von Deutschland mit Blick auf die Resolution gesunden Menschenverstand", zitierte der private türkische Fernsehsender NTV den Präsidenten.

Vertreter von Union und SPD hatten am Dienstag bereits betont, die Armenier-Resolution solle keine Konfrontation mit der Türkei auslösen. Der Bundestag will an diesem Donnerstag einen von Koalition und Grünen erarbeiteten Antrag beschließen, in dem die Massentötung und Deportation von Armeniern im Osmanischen Reich 1915 als Völkermord eingestuft werden. Die Türkei bedauert die Taten, lehnt die Einstufung als Völkermord aber ab.

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