Süddeutsche Zeitung

Zerstörter Roboter:Fans fordern Wiederbelebung von "Hitchbot"

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Seine Tour durch Deutschland und Kanada hatte er unbeschadet überstanden. Doch am vergangenen Samstag endete die USA-Reise von "Hitchbot" jäh in Philadelphia. Unbekannte rissen dem kleinkindgroßen Roboter die Arme ab, sein Kopf mit dem Computergehirn ist seitdem unauffindbar.

Von Massachusetts an der Ostküste bis San Francisco an der Westküste hätte die Reise gehen sollen. Dazwischen sollte "Hitchbot" - eine Konstruktion aus Eimer, Schwimmnudeln, Kinder-Gummistiefeln und einem Tablet-Computer - an berühmten amerikanischen Sehenswürdigkeiten wie Mount Rushmore und dem Grand Canyon haltmachen. "Hitchbot" sei am Samstag derart beschädigt worden, dass er nicht mehr zu reparieren sei, sagt Frauke Zeller von der Ryerson University in Toronto, die den Roboter gemeinsam mit ihrem Kollegen David Smith erschaffen hat.

Die Reaktionen der Fans

Die Fans des kleinen Roboters wollen das nicht hinnehmen. Zehntausende bieten dem Team um Zeller und Smith ihre Hilfe an. Die kanadischen Wissenschaftler freuten sich über die Anteilnahme und Unterstützung aus der ganzen Welt. Sie wollen in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie "Hitchbot" wiederbeleben: "Wir müssen uns mit dem ganzen Team zusammensetzen und gucken, was wir machen können", sagte Zeller, die bisher keine Anzeige erstattet hat.

Sie und ihr Kollege Smith haben nach eigener Aussage kein Interesse an einer polizeilichen Untersuchung. Vielmehr wolle man aus dem Vorfall lernen.

Ende eines sozialen Experiments

Für das Forscherteam hinter dem Roboter, dessen Reisen als sozialwissenschaftliche Experimente dienen, heißt es nun erst einmal: Reste aufsammeln. Ein Fan habe wohl Trümmerteile von "Hitchbot" gefunden, sagte Zeller. "Wir werden versuchen, mit ihm in Kontakt zu treten und einen Weg zu finden, diese Teile zu uns nach Toronto schicken zu lassen. Wo allerdings der Kopf ist, weiß niemand."

Danach sollen alle Daten und Informationen zusammengesammelt werden, um ein Fazit des Roboter-Experiments zu ziehen.

Tragisch ist der Vorfall vor allem wegen der Forschungsfrage, die hinter den Reisen von "Hitchbot" steht: Wie verhalten sich Menschen gegenüber Robotern, wenn sie nicht auf sie angewiesen sind? Bislang hat die trampende Tonne dazu fast ausschließlich positive Erfahrungen gemacht: Die Menschen küssten sie und machten Selfies mit ihr, in Kanada nahmen sie sie mit auf Spaziergänge und zum Campen, in Deutschland ins Hofbräuhaus und nach Schloss Neuschwanstein.

"Manchmal passieren guten Robotern schlechte Dinge"

"Ich habe in der Tat eine sehr hohe Meinung von den Menschen", sagte der Roboter daraufhin - natürlich einprogrammiert - in einer deutschen Fernsehsendung. "Ohne ihre Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit hätte ich in meinem Leben bisher gar nichts erreichen können."

Doch auch der Vandalismus-Vorfall scheint die Meinung des kleinen Roboters und seiner menschlichen Programmierer nicht geändert zu haben. "Meine Liebe für Menschen wird niemals verblassen", hieß es auf der Webseite. "Manchmal passieren guten Robotern schlechte Dinge."

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