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Neue Auswertung:650 000 Menschen in Deutschland haben keine Wohnung

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In Deutschland haben schätzungsweise 650 000 Menschen keine eigene Wohnung. Das haben Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) für das Jahr 2017 ergeben. Die meisten von ihnen leben in Notquartieren, sagte ein Sprecher des BAGW. Davon seien 48 000 Menschen obdachlos, also ohne ein Dach über dem Kopf.

Aktuellere Zahlen als die von 2017 gibt es nicht, da die Schätzungen auf einer Erhebung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2017 beruhen. Eine bundesweite Zählung hat es bislang nicht gegeben, die Zahlen der BAGW sind eine Hochrechnung.

Unter den Wohnungslosen waren demnach auch 375 000 anerkannte Asylsuchende und Flüchtlinge in Flüchtlingsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer. Nimmt man die Geflüchteten aus der Zählung, waren 2017 dem Bericht zufolge gut 275 000 Menschen ohne Wohnung in Deutschland. Die Arbeitsgemeinschaft schätzt die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter diesen Wohnungslosen auf acht Prozent, 2017 waren es in ganz Deutschland 22 000 junge Menschen. Die meisten Betroffenen seien Männer, ein Viertel Frauen.

Unter den etwa 48 000 Obdachlosen, die nicht in einer Wohnunterkunft des Staates lebten, sondern auf der Straße schliefen, waren viele Menschen aus anderen EU-Staaten, vor allem aus Osteuropa. Die "Straßenobdachlosigkeit" sei stark durch die Zuwanderung aus EU-Ländern nach Deutschland geprägt, schreibt die BAGW in ihrer Analyse.

Benötigt werden pro Jahr 80 000 bis 100 000 neue Sozialwohnungen

Im Kampf gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit müsse ein bestimmter Anteil sozial gebundener Wohnungen ausdrücklich für Wohnungslose bereitgestellt werden, fordert Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAGW. "Benötigt werden pro Jahr 80 000 bis 100 000 neue Sozialwohnungen und weitere 100 000 bezahlbare Wohnungen", schreibt der Verein in einer Bewertung der aktuellen Zahlen.

Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden 2018 bundesweit 287 000 Wohnungen fertiggestellt. Allerdings gebe es in großen Städten einen gravierenden Wohnungsmangel, in kleineren Städten und auf dem Land dagegen Leerstände und ein Überangebot.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW wies kürzlich darauf hin, dass bei preiswerten Mietwohnungen nur die Hälfte des Neubaubedarfs bundesweit gedeckt werden konnte und bei Sozialwohnungen noch weniger.

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