Süddeutsche Zeitung

Berliner Wettbüro-Mord:Kein Strafrabatt für Rocker, der seinen Chef verriet

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Nach dem Mord an einem Konkurrenten der Hells Angels erzählte Cenkay T. der Polizei, wer hinter der Tat steckte. Doch dem Gericht reicht das nicht, um seine Haftstrafe zu verkürzen.

Von Verena Mayer, Berlin

13 vermummte Rocker der Hells Angels, die in ein Berliner Wettbüro marschieren und einen Konkurrenten, der dort Karten spielt, mit acht Schüssen töten - der sogenannte Wettbüromord von 2014 gilt als eine der spektakulärsten Straftaten der Berliner Unterwelt. Doch es ist auch das Verbrechen mit den weitestreichenden Konsequenzen für die organisierte Kriminalität der Hauptstadt. Denn der Auftraggeber des Mordes, der Rocker-Pate Kadir P., und weitere Mitglieder der Berliner Hells Angels wurden verhaftet und vor Gericht gestellt. Der Prozess endete 2019 nicht nur mit neun inzwischen rechtskräftigen Verurteilungen wegen Mordes, er sorgte auch dafür, dass die Berliner Hells Angels inzwischen Geschichte sind.

Verantwortlich dafür waren zwei Leute aus der Reihe der Vermummten. Da war zum Einen Kassra Zargaran, der das in Rockerkreisen Unvorstellbare tat und sich den Behörden als Kronzeuge zur Verfügung stellte. Er sagte nicht nur über seine Mittäter aus, sondern legte auch die kriminellen Strukturen in der Rockerszene offen. Dafür bekam er zwölf Jahre Haft und ist inzwischen auf Bewährung frei. Sein neues Leben verbringt er unter Polizeischutz und muss jeden Tag die Rache der Hells Angels fürchten.

Seine Aussage war "nicht wertvoll genug"

Und es gab noch einen anderen Rocker, der den Ermittlern half, den 33 Jahre alten Cenkay T. Er hat die Polizei kurz nach der Tat über mehrere Täter informiert, über den Schützen, den Mann, der vor dem Wettbüro Schmiere stand, und den Auftraggeber, Rockerboss Kadir P., der selbst nicht am Tatort war. Der Bundesgerichtshof verwies seinen Fall daher zurück an das Berliner Landgericht, damit dort überprüft wird, ob nicht auch Cenkay T. eine mildere Strafe verdient habe.

Cenkay T. sieht man seine Zugehörigkeit zu den Rockern schon auf den ersten Blick an: Er ist übersät mit den für die Hells Angels typischen Tattoos. Nach Überzeugung der Richter hat er sich auch sonst nicht von seinen Rockerfreunden distanziert und werde trotz seiner Aussage bei der Polizei weiterhin von den Hells Angels akzeptiert. Überhaupt die Aussage: Sie sei zwar für die Ermittler wertvoll gewesen, aber nicht wertvoll genug. Denn nachdem T. die Namen genannt hatte, verweigerte er jede weitere Aussage. Die Richter gewähren Cenkay T. daher keine Strafmilderung, die lebenslange Haft bleibt bestehen. "Er hätte mehr leisten müssen", so der Vorsitzende Richter.

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