Süddeutsche Zeitung

Mordfall Greta:Landesjugendamt prüft Verletzung von Meldepflichten

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Allein bei einem früheren Arbeitgeber der mutmaßlichen Mörderin der dreijährigen Greta hatte es vier Notarzteinsätze gegeben. Meldung an das Jugendamt gab es dennoch keine.

Im Fall des mutmaßlich von einer 25 Jahre alten Erzieherin ermordeten Kita-Mädchens Greta aus Viersen werden Versäumnisse mehrerer Einrichtungen geprüft. Der Leiter des Landesjugendamts des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), Lorenz Bahr, erklärte am Donnerstag in einer Sondersitzung des Familienausschusses im Landtag, das Landesjugendamt prüfe, ob mehrere Kitas ihre Meldepflichten verletzt hätten.

Allein in einer Einrichtung in Kempen, wo die verdächtige Frau von August 2018 bis Juli 2019 beschäftigt gewesen war, habe es in der Zeit vier Notarzteinsätze gegeben. Immer sei dasselbe Kind betroffen gewesen. Dem Landesjugendamt des LVR, das die Betriebserlaubnis für Kindergärten im Rheinland erteilt, sei das nicht gemeldet worden.

NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) forderte in der Sitzung die komplette Aufklärung des Todes des Mädchens. "Es ist wohl das Grauenhafteste, was einer Familie widerfahren kann", sagte Stamp. Die Tat müsse "lückenlos und transparent" aufgeklärt werden. Daher werde das Ministerium in der nächsten Zeit zu Beginn jeder Ausschusssitzung über die aktuellen Erkenntnisse informieren.

Bei den Ermittlungen waren die Behörden auf Vorfälle in anderen Einrichtungen gestoßen, in denen die Frau vorher gearbeitet hatte. Nach ihrem praktischen Anerkennungsjahr war die Frau als nicht geeignet für den Beruf befunden worden. Trotzdem hatte sie ihre Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin geschafft. Stamp warnte, die Qualität und Integrität der Erzieherinnen und Erzieher generell in Frage zu stellen. Tausende Erzieher leisteten jeden Tag eine "hochwertige und liebevolle Arbeit".

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Kleve eingeräumt, bei vorangegangenen älteren Ermittlungen wegen Vortäuschens einer Straftat seien Erkenntnisse zur psychischen Verfassung der Kindergärtnerin nicht wie vorgeschrieben der Aufsichtsbehörde ihrer Kindertagesstätte mitgeteilt worden.

Die Behörde hatte die damaligen Ermittlungen gegen die Erzieherin wegen geringer Schuld eingestellt. Eine Rechtsmedizinerin hatte dabei festgestellt, dass die Erzieherin dringend psychologische Hilfe benötige und es sich bei der Straftat um einen Hilferuf gehandelt haben könnte. Weil nicht auszuschließen gewesen sei, dass die psychische Auffälligkeit auch eine Gefahr für die betreuten Kinder darstellen könne, hätte dies der Aufsichtsbehörde gemeldet werden müssen, hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gesagt.

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