Süddeutsche Zeitung

Hochwasser in Venedig:"Ein weiterer Tag des Alarms"

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Nach dem schweren Hochwasser in Venedig ist die Lagunenstadt erneut überflutet worden. Der überschwemmte Markusplatz wurde am Freitag gesperrt, um die Sicherheit der Menschen nicht zu gefährden, erklärte Bürgermeister Luigi Brugnaro und rief Einwohner und Touristen zur Vorsicht auf. "Ein weiterer Tag des Alarms." Vor allem starker Wind trug das Wasser wieder in die Stadt. Schulen waren genauso wie der Dogenpalast geschlossen. Der öffentliche Verkehr in der Unesco-Welterbestadt wurde eingestellt. Ein Hochstand wie zu Beginn der Woche wurde allerdings nicht erreicht.

Am späten Vormittag stieg das Wasser auf einen Stand von 153 Zentimeter über dem normalen Meeresspiegel und ging dann wieder zurück, teilte das Gezeitenbüro der italienischen Stadt mit. Rund 70 Prozent der historischen Stadt seien überschwemmt, berichteten lokale Medien. Die Kunstausstellung Biennale, die noch bis 24. November geht, war am Freitag geöffnet.

In der Nacht zu Mittwoch - als eine Flut fast die gesamte Stadt überschwemmte - hatte das Wasser mit 187 Zentimeter deutlich höher gestanden. Das war der höchste Wert seit mehr als 50 Jahren. Das bedeutet, dass mehr als 90 Prozent der historischen Stadt unter Wasser standen. Die Schäden gehen in die Hunderte Millionen Euro.

"Die Menschen haben alles verloren", erklärte Brugnaro nun auf Twitter. Das eindringende Salzwasser mache alles noch viel schwieriger. Denn Meerwasser beschädigt Denkmäler, Marmor und Kunstschätze wesentlich mehr. "Es ist eine Herausforderung für das ganze Land. Die Venezianer beweinen sich nicht selbst, sie arbeiten. Wir sind stolz darauf, die jungen Menschen hier zu halten und ihnen eine Zukunft zu geben."

Die Regierung in Rom hatte am Donnerstag den Notstand für Venedig ausgerufen und 20 Millionen Euro Soforthilfe freigegeben. Auch Ex-Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega stapfte am Freitag in Gummistiefeln durch die Stadt und drang darauf, dass endlich ein Flutschutzsystem fertiggestellt werden müsse.

London und Rotterdam als Vorbilder

Seit Jahren wird um das System namens "Mose" gestritten, das es eigentlich schon seit Jahren für die Stadt an der Adria geben sollte. Bürokratie, Korruption und Skandale verzögern den Bau allerdings. Die ausfahrbaren Barrieren sollen nun 2021 fertig sein. Durch die Erderwärmung steigt der Meeresspiegel, wodurch auch Hochwasser in Venedig zunehmen.

Andere Städte wie London oder Rotterdam werden mit ihrem Flutschutzsystem immer wieder als Beispiel herangezogen. Auch Städte wie Hamburg rüsten sich gegen Flutwellen. Die Stadt an der Elbe ist vor Sturmfluten oder steigendem Meeresspiegel vor allem durch eine 103 Kilometer lange, geschlossene Deichlinie geschützt. Ein Viertel davon sind Hochwasserschutzwände, der Rest sind Deiche. Die neu gebaute Hafenpromenade hält Wasser bis zu einer Höhe von 8,10 Meter über Normalnull stand.

Auf diese Höhe sollen bis 2050 alle Deiche erhöht werden. Die Hafencity mit der Elbphilharmonie liegt vor dieser Deichlinie. Dort werden die Häuser so gebaut, dass das Leben oberhalb der Deichkrone stattfindet. Unterhalb dieser Höhe sind zudem keine Öffnungen erlaubt.

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