Süddeutsche Zeitung

Elefantenjagd in Botswana:Wilderer im Rausch

Lesezeit: 2 min

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Mit scharfen Äxten wurden ihre Schädel gespalten und die Stoßzähne herausgerissen. Manchen wurde der Rüssel abgetrennt, manchen das Gesicht ausgeschnitten. 87 tote Elefanten hat die Tierschutzorganisation "Elephants without Borders" in den vergangenen Wochen in Botswana gezählt. "Das wirkt wie ein Wilderer-Rausch, der schon länger im Gange ist", sagt deren Direktor Michael Chase. "Das ist bisher das größte Ausmaß an Wilderei von Elefanten in Afrika, das ich gesehen habe."

Die grausamen Funde kommen für Tierschützer überraschend. Zum einen war zu Jahresbeginn in China ein Verbot des Handels mit Elfenbein in Kraft getreten, zum anderen galt Botswana bislang als vorbildlich im Kampf gegen Wilderer. In dem südafrikanischen Land leben 135 000 Elefanten, ein Drittel der geschätzten Gesamtpopulation in Afrika von 415 000 - die sich im vergangenen Jahrzehnt um 100 000 verringert hat.

Verschiedene Tierschutzorganisationen gehen nach den jüngsten Funden davon aus, dass das Elfenbeinverbot in China zu einer Verschiebung des Marktes geführt habe: Asiatische Touristen würden sich verstärkt in Afrika selbst mit Produkten eindecken, von denen sie sich eine spezielle Heilkraft versprechen, auch die Verarbeitung von Elfenbein soll verstärkt auf lokaler Ebene geschehen.

Die Regierung von Botswana bestreitet das Ausmaß der Wilderei. Die Ergebnisse seien "falsch und irreführend", teilte die Regierung in einer Pressemitteilung mit. Die Regierung will bei eigenen Untersuchungen lediglich 53 tote Elefanten aufgefunden haben. Die meisten seien "aufgrund natürlicher Ursachen" gestorben. Später gestand Tourismusminister Tshekedi Khama ein, dass viele Elefanten doch von Wilderern getötet worden seien. "Ich bin sehr besorgt, es ist ein großes Problem." Er selbst gehe von einer zweistelligen Zahl aus, die für das Land sehr hoch sei. "Weil wir lange von der Wilderei verschont wurden, merken wir erst jetzt, wie gewieft die Wilderer vorgehen."

Seit einem Regierungswechsel im Frühjahr geht Botswana nicht mehr so hart gegen Wilderer vor. Bis dahin galt für die Ranger in den Schutzgebieten: Schießen, um zu töten. Mokgweetsi Masisi, der neue Präsident, hat als eine seiner ersten Amtshandlungen im Mai die Anti-Wilderer-Einheit entwaffnen lassen.

Eine offizielle Erklärung gab es dafür nicht, Hintergrund dafür sind aber möglicherweise diplomatische Konflikte mit den Nachbarländern Namibia und Simbabwe, deren Staatsbürger offenbar dutzendfach erschossen wurden, von bis zu 52 Toten ist die Rede. Die Regierung bestreitet, dass es durch die Entwaffnung zu "irgendeinem Vakuum im Kampf gegen die Wilderer" gekommen sei. "Die Wildtiere sind ein nationales Erbe, das unsere Bürger um jeden Preis beschützen werden." Tierschutzorganisationen weisen darauf hin, dass der Kampf gegen Wilderer nur gewonnen werden kann, wenn der lokalen Bevölkerung ausreichend Alternativen zur finanziell lukrativen Wilderei angeboten werden. Dies sei auch im Musterland Botswana nicht der Fall.

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SZ vom 06.09.2018
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