Süddeutsche Zeitung

Tote bei Protesten in Haiti:UN-Soldaten erschießen Demonstranten

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Nach Ausbruch der Cholera geben wütende Haitianer den Blauhelmen die Schuld an der schleppenden medizinischen Versorgung. Zwei Demonstranten wurden erschossen - angeblich aus Notwehr.

Bei Zusammenstößen zwischen UN-Blauhelmsoldaten und Demonstranten sind in Haiti zwei Menschen ums Leben gekommen. Tausende Menschen seien am Montag in Cap-Haïtien, der zweitgrößten Stadt Haitis etwa 270 Kilometer nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince, auf die Straßen gegangen, um gegen die Vereinten Nationen und die Regierung zu protestieren, berichtete ein Augenzeuge. Die Demonstranten sind angesichts der Cholera-Epidemie wütend über die langsame medizinische Versorgung.

Augenzeugen machten die in Cap-Haïtien stationierten nepalesischen UN-Soldaten für den Tod der beiden Männer verantwortlich. Die UN-Mission bestätigte, auf einen der verstorbenen Demonstranten geschossen zu haben. Die Schüsse auf den Mann seien aus Notwehr abgegeben worden, sagte ein Sprecher. Zu dem angeblichen zweiten Todesopfer gab es zunächst keine Angaben.

Nach UN-Angaben hatten die Demonstranten eine Polizeistation angezündet. Die Art der Proteste lasse darauf schließen, dass diese in Zeiten des Wahlkampfs politisch motiviert seien, hieß es in der UN-Erklärung weiter.

Neben einem effizienteren Kampf gegen die Cholera forderten die Demonstranten den Abzug der UN-Blauhelme. Die UN haben im ärmsten Land Amerikas seit 2004 eine 10.000 Mann starke Truppe stationiert, die das wirtschaftlich und politisch zerrüttete Land stabilisieren soll. Die UN-Mission unter dem Namen Minustah forderte die Haitianer auf, sich nicht manipulieren zu lassen und so die Demokratie zu gefährden.

Augenzeugen zufolge setzten die von der haitianischen Polizei unterstützten Blauhelmsoldaten Tränengas ein. Es gab zudem mehrere Verletzte, wie Ärzte und ein UN-Sprecher sagten.

Unterdessen teilte das Gesundheitsministerium in Port-au-Prince mit, dass die Zahl der Cholera-Toten auf 1000 gestiegen sei. Mehr als 14.600 würden demnach in Krankenhäusern behandelt.

Wie die Regierung am Montag weiter mitteilte, hat sich die Cholera vom zentralen Department Artibonite vor allem nach Norden in in die Cap-Region ausgebreitet. Allerdings hieß es, der Höhepunkt mit mehr als 66 Toten pro Tag sei in der vergangenen Woche überschritten worden. Am Montag seien 46 Tote registriert worden.

Cholera verbreitet sich vor allem über Wasser und Nahrung, verursacht heftigen Durchfall und Erbrechen und kann ohne rechtzeitige Behandlung innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen.

Bei dem katastrophalen Erdbeben am 12. Januar starben in Haiti mehr als 220.000 Menschen, mehr als eine Million wurden obdachlos und leben seitdem in riesigen Zeltlagern unter desaströsen hygienischen Bedingungen.

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dpa/AFP/dapd/kat
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