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Tödliche Schüsse in Berlin-Neukölln:Familie des Opfers kritisiert Polizei

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Sie seien von einer Polizeiwache zur anderen geeilt, ohne Auskunft über den Sohn der Familie zu erhalten. Von Freunden hätten sie schließlich erfahren, dass er bereits tot war: Nach den tödlichen Schüssen auf einen 22-Jährigen erheben die Hinterbliebenen des Mannes Vorwürfe gegen die Polizei.

Nach den tödlichen Schüssen auf einen jungen Mann in Berlin-Neukölln hat dessen Familie Vorwürfe gegen die Polizei erhoben: Sie hätten nicht von den Ermittlern, sondern von Freunden des 22-Jährigen von dessen Tod erfahren, kritisiert eine Tante des Opfers in der taz. Unterdessen sind die Ermittler auf die Hinterbliebenen zugegangen.

Ein Unbekannter hatte in der Nacht zu Donnerstag an der Rudower Straße nahe dem Krankenhaus Neukölln unvermittelt auf eine fünfköpfige Gruppe das Feuer eröffnet. Ein 22-Jähriger erlag später im Krankenhaus seinen Schussverletzungen, zwei 16 und 17 Jahre alte Jugendliche wurden schwer verletzt. Der Tote stammt aus einer türkischen Zuwandererfamilie. Seine beiden schwer verletzten Freunde sind russischer beziehungsweise arabischer Herkunft.

Nach Angaben der Tante hatten die Eltern des 22-Jährigen erst in der Klinik und dann auf mehreren Polizeiwachen nach ihrem Sohn gesucht. Niemand habe ihnen Auskunft geben können, kritisierte sie. Dabei habe der Tote nach Angaben der Familie seinen Ausweis bei sich gehabt und die anderen jungen Männer hätten zudem dessen Adresse gekannt. Auch seither werde die Familie nicht über den Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten.

Probleme in "ausführlichem Gespräch" ausgeräumt

Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes habe Kontakt zu den Hinterbliebenen des Toten aufgenommen und in einem "ausführlichen Gespräch" die Probleme ausgeräumt, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Zugleich betonte er, dass auch Familienangehörige nicht laufend über den Ermittlungsstand unterrichtet würden.

Die Untersuchungen laufen unterdessen weiter. Bisher seien 25 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, die jetzt überprüft würden, hieß es von der Polizei. Am Ostersonntag und -montag hätten Kriminalisten Anwohner in der Nachbarschaft befragt. Leider habe die Polizei noch keinen konkreten Anhaltspunkt, sagte ein Sprecher. Auch ein rechtsextremer Hintergrund werde insbesondere vor dem Hintergrund der rechtsterroristischen Mordserie durch die NSU nicht ausgeschlossen. Bisher gebe es jedoch keinen Hinweis darauf.

Hinweise nehmen die sechste Mordkommission des Landeskriminalamtes in der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Rufnummer 030-4664-911601 sowie jede andere Polizeidienststelle entgegen.

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