Süddeutsche Zeitung

Tiere und Politik:Merkels Koalationspartner

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Mit Hühnern wuchs sie auf dem Waldhof in Templin auf, später ließ Putin seinen Hund auf Angela Merkel los - und jetzt kommen die Pandas. Über die Kanzlerin und ihr Verhältnis zu Tieren.

Von Nico Fried

Tiere spielten im Leben der Kanzlerin schon immer eine Rolle. Auf dem Waldhof in Templin, wo Angela Merkel, geborene Kasner, aufwuchs, staksten auch Hühner übers landwirtschaftliche Gelände. Wie sehr das Federvieh das Denken der Regierungs- und CDU-Chefin bis heute prägt, lässt sich daran erkennen, dass Merkel erst am vergangenen Montag zuletzt auf diese frühkindliche Erfahrung rekurrierte: Als der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer vom blinden Vertrauen berichtete, das er mittlerweile wieder in die Kanzlerin habe, antwortete Merkel auf die Frage, wie es sich umgekehrt verhalte: "Das mit dem blinden Vertrauen ist ja nicht nach dem Motto, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn."

Der Satz, dass die Kanzlerin wisse, wovon sie rede, wird nicht immer mit so viel Berechtigung geschrieben wie in diesem Fall - genau so freilich wie der Satz, dass nicht ganz klar ist, was Angela Merkel damit eigentlich sagen wollte.

Jedenfalls passt das blinde Huhn ins Bild einer Kanzlerin, die zu Tieren in der Politik ein eher funktionales Verhältnis hat. Wenn es der Sache dient, ist Merkel in der Lage, einiges auszuhalten - die Sicht der Kanzlerin auf Tiere erscheint mithin ähnlich wie ihre Beziehung zu den wechselnden Koalitionspartnern ihrer Regierungszeit. An diesem Mittwoch wird die Kanzlerin diesen Pragmatismus erneut unter Beweis stellen, wenn sie gemeinsam mit den beiden Pandabären Jiao Qing (Schätzchen) und Meng Meng (Träumchen) im Zoologischen Garten von Berlin Xi Jinping (chinesischer Präsident) willkommen heißt.

Die beiden Pandas leben seit zehn Tagen in der deutschen Hauptstadt. Sie sollen die guten Beziehungen zwischen Deutschland und China unterstreichen, wobei die gemeinhin als putzig verklärten Viecher sich nach der Ankunft am vorvergangenen Samstag erstmal recht knurrig zeigten. Aber auch das wäre ja für die Kanzlerin nichts Neues, wenn man an noch nicht allzu lange vergangene Zeiten Merkels mit ihrem persönlichen Jiao Qing aus der Münchener Staatskanzlei denkt.

Traumaüberwindung dank Labrador streicheln

Der berühmte Labrador von Wladimir Putin, den der russische Präsident einst bei einem Besuch Merkels in Sotschi auf sie losließ, ist für Merkels staatsfraulichen Stoizismus das bekannteste Beispiel. Obwohl sie Angst vor Hunden hat, seit sie in jungen Jahren gebissen wurde, ließ Merkel das Geschnuppere im Sinne der deutsch-russischen Beziehungen über sich ergehen. Einige Jahre später arbeitete sie sogar aktiv an der Überwindung ihres Traumas, als sie in Italien einen Labrador streichelte: Der Suchhund Leo hatte zuvor ein kleines Mädchen gerettet, das nach einem Erdbeben unter den Trümmern seines Elternhauses verschüttet worden war.

Die gemeinsame Kindheit mit den Hühnern mag auch ein Grund dafür sein, dass Merkel zu Vögeln ganz generell besonderes Vertrauen zu haben scheint. 2012 nahm beim Besuch eines Vogelparks in ihrem Wahlkreis eine Schar Loris auf Merkel Platz. In Neuseeland streichelte Merkel einen Kiwi, und auch Pinguine sind der Kanzlerin persönlich begegnet. Dass Merkel Haustiere hielte, ist nicht bekannt. Nur im Garten des Kanzleramtes wurde 2011 ein Rotfuchs auf der Suche nach einem Quartier gesichtet. Weil nichts frei wurde, ist er wieder verschwunden.

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Quelle:
SZ vom 05.07.2017
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