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Vor Gericht:BGH hebt Mordurteil für Berliner Autoraser teilweise auf

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Der Hauptangeklagte ist nun rechtskräftig wegen Mordes verurteilt. Den Fall des jüngeren Angeklagten muss das Berliner Landgericht jedoch ein drittes Mal verhandeln.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat das Mordurteil für zwei Berliner Autoraser zum Teil aufgehoben. Das Landgericht muss den Fall des jüngeren Angeklagten zum dritten Mal verhandeln. Gegen den Hauptangeklagten ist das Urteil rechtskräftig. Das Landgericht habe dabei den bedingten Vorsatz rechtsfehlerfrei begründet, hieß es vom BGH.

Die Männer hatten sich nachts auf dem Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße in der westlichen Berliner Innenstadt ein illegales Autorennen geliefert. Sie rasten in der Nähe der Gedächtniskirche bei Rot über eine Kreuzung, einer von ihnen rammte mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde ein Auto, das aus einer Seitenstraße kam. Der 69 Jahre alte Fahrer dieses Wagens starb.

Die BGH-Richter beschäftigten sich bereits zum zweiten Mal mit dem Fall. Im Februar 2017 hatte das Berliner Landgericht beide Männer als Mörder verurteilt. Es war das erste Mordurteil gegen Autoraser in Deutschland. Der BGH hob es ein Jahr später wegen Rechtsfehlern auf, der Prozess begann von vorn. Das Berliner Landgericht verhängte im März 2019 wieder lebenslange Haft wegen Mordes.

Die Berliner Richter sahen drei Mordmerkmale erfüllt: Das Opfer sei völlig arg- und wehrlos gewesen. Bei der enormen Geschwindigkeit und unüberschaubaren Situation seien die Autos zum gemeingefährlichen Mittel geworden. Die Rücksichtslosigkeit und Selbstsucht der Männer spreche für niedrige Beweggründe.

Die beiden Männer, die in Untersuchungshaft sitzen, legten erneut Revision ein. In der BGH-Verhandlung im April waren vor allem bei dem zweiten Angeklagten Bedenken deutlich geworden, der den Wagen nicht selbst gerammt hatte. Das Berliner Landgericht hatte dem zum Unfallzeitpunkt 24-Jährigen zweimal als Mittäter verurteilt.

Neben dem Verteidiger beantragte auch die Bundesanwaltschaft, das Mordurteil aufzuheben. Dass beide Männer sich ein illegales Rennen geliefert hatten, reiche für eine Verurteilung wegen Mordes nicht aus. Außerdem sei ungeklärt, ob der Unfall zu vermeiden gewesen wäre, wenn er das Rennen auf den letzten Metern abgebrochen hätte.

Auch zur Verurteilung des Hauptangeklagten fragte die Vorsitzende Richterin in der Verhandlung kritisch nach. Mord setzt Vorsatz voraus. Einem Täter muss es demnach zumindest gleichgültig sein, dass er den Tod eines anderen in Kauf nimmt. In diesem Fall schien aber fraglich, ob dem damals knapp 27 Jahre alten Raser wirklich klar war, wie sich ein möglicher Unfall auswirken würde. Dennoch ist der BGH nun der Auffassung des Berliner Landgerichts gefolgt.

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