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Prozess gegen Hussein K.:Freiburger Studentenmord: Jugendämter weisen Vorwürfe zurück

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Im Mordprozess gegen Hussein K. vor dem Freiburger Landgericht haben Mitarbeiter der beiden zuständigen Jugendämter Vorwürfe eines möglichen Versagens von sich gewiesen. An den Angaben des Flüchtlings zu seinem Alter und der Herkunft habe es keinerlei Zweifel gegeben, sagten sie am Dienstag als Zeugen vor Gericht. Die Behörden hätten die Aussagen daher nicht überprüft. "Hinterher ist man immer schlauer", antwortete die Sozialarbeiterin auf eine entsprechende Frage des Staatsanwaltes.

Hussein K. war als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling eingestuft worden, nachdem er angegeben hatte, aus Afghanistan zu stammen und 17 Jahre alt zu sein. Bei seiner Einreise nach Deutschland im November 2015 legte er keine amtlichen Dokumente vor. Als Minderjähriger erhoffte er sich in Deutschland Vorteile. In dem Prozess geht es unter anderem um die Frage, wie alt der vor der Jugendkammer stehende Mann tatsächlich ist. Dies wird auch Auswirkungen auf die Höhe der Strafe haben.

Hussein K. werden Mord und besonders schwere Vergewaltigung vorgeworfen. Er hat gestanden, im Oktober vergangenen Jahres eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt und getötet zu haben. Der Fall löste bundesweite Debatten über die deutsche Flüchtlingspolitik und ein mögliches Versagen der Behörden aus.

Rätsel um das tatsächliche Alter von Hussein K.

Hussein K. lebte in Freiburg bei einer Pflegefamilie und stand unter der Aufsicht des Jugendamtes Breisgau-Hochschwarzwald, erklärten die beiden Mitarbeiter. Zuvor war das Jugendamt Freiburg für ihn zuständig. Ein direkter Kontakt zwischen ihm und den Behörden habe aber kaum bestanden. Innerhalb eines halben Jahres habe das jugendamt Breisgau-Hochschwarzwald lediglich ein Gespräch mit ihm geführt; mehr sei aufgrund der verschiedenen Zuständigkeiten nicht möglich gewesen, hieß es zur Begründung. Fehler aber habe es in den beiden Jugendämtern, die mit dem Flüchtling betraut waren, nicht gegeben.

Die Pflegemutter sagte am Dienstag aus, Hussein K. habe sehr eigenständig gelebt, ein gemeinsames Familienleben habe es nicht gegeben. Auch das Alter des Flüchtlings sei kein Thema gewesen. Als Taschengeld habe er von ihr monatlich 400 Euro erhalten. Die Pflegemutter schilderte zudem eine Szene vom 18. Oktober 2016, also zwei Tage nach der Tat: Sie sei mit Hussein K. auf einem "Multikulti-Fest" gewesen, wo er vor die Zuschauer getreten sei und gesungen habe - von Selbstzweifeln keine Spur. Der Flüchtling lebte von April bis zu seiner Verhaftung im Dezember 2016 bei der Familie. Der Pflegevater soll am 17. Oktober aussagen.

Hussein K. selbst hat zum Prozessauftakt gestanden, beim Alter gelogen zu haben und älter zu sein, die Staatsanwaltschaft hält ihn für mindestens 22 Jahre alt. Zwei Gutachten sollen dies im Laufe des Prozesses untermauern. Sie werden dem Plan zufolge im November erörtert. Ein Urteil soll im Dezember gesprochen werden.

Wegen einer Gewalttat an einer jungen Frau im Jahr 2013 war Hussein K. bereits in Griechenland zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, im Oktober 2015 aber vorzeitig gegen Auflagen entlassen worden. Wenig später tauchte er unter - und in Deutschland wieder auf. Von seiner kriminellen Vorgeschichte wussten die deutschen Behörden nichts, weil sie von Griechenland nicht informiert worden waren. Zudem besteht der Verdacht, dass Hussein K. zuvor im Iran eine Zwölfjährige vergewaltigt hat. Er selbst äußerte sich zu diesen vorherigen Taten im Prozess bislang nicht.

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