Süddeutsche Zeitung

Kulturerbe:Wie wichtig ist die Kunst?

Lesezeit: 2 min

Für Sicherheit in Museen wurde in der Vergangenheit zu wenig getan. Das rächt sich - und sagt einiges über den Allgemeinzustand eines Landes aus.

Von Kia Vahland

Wie sicher die Museen sind, sagt einiges über den Allgemeinzustand eines Landes aus. Darüber etwa, wie ernsthaft oder schlampig ein Staat mit seinen Beständen umgeht. Oder welche Prioritäten die Regierenden und ihre Wählerschaft setzen. An der Qualität der Schließanlagen und den Löhnen für Wachleute zeigt sich, was wirklich zählt. Dient kulturelles Erbe nur als Kulisse für Politikerauftritte, oder wird es als Schatz behandelt, den es für alle Zukunft zu bewahren gilt?

So war es ein Warnzeichen, als in den Neunzigerjahren immer mehr Kunstwerke aus italienischen Museen verschwanden, zumeist unter Mithilfe korrupter Bediensteter. Kriminelle Clans hielten es nicht mehr für nötig, nur im Geheimen zu agieren, sie forderten die Regierung offen heraus, indem sie sich der ohnehin vernachlässigten Kunstwerke bemächtigten. Am Ende waren es nicht Staatsvertreter, sondern protestierende Priester, die im wahrsten Sinn Barrikaden errichteten und in Neapel etwa eine Barockkirche zumauerten, von deren beweglichen Schätzen Diebe kaum mehr als die Reliquien zurückgelassen hatten.

Als im Jahr 2003 im Wiener Kunsthistorischen Museum die "Saliera" gestohlen wurde, Benvenuto Cellinis berühmtes Salzgefäß aus dem 16. Jahrhundert, war das ein Skandal, der Österreich über Jahre beschäftigte. Schließlich wurde der Täter gefasst: ein Inhaber einer Alarmanlagenfirma, der über das Baugerüst ins Museum eingestiegen war. Er hatte die Preziose in einer Kiste im Wald vergraben. Unbeschädigt blieb sie nicht, konnte aber restauriert werden. Die Kustoden waren mit einem Schrecken davongekommen.

Wenn, wie in Berlin und mutmaßlich auch in Dresden, organisierte Kriminalität im großen Stil im Spiel ist, wächst die Gefahr, dass Werke auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Es handelt sich dann nicht um Gelegenheitsdiebstähle, sondern um systematische Angriffe.

Eine genaue Schwachstellenanalyse wäre da nötig. Tatsächlich veranstaltete der Deutsche Museumsbund im September eine "Digitale Sicherheitstagung". Carsten Pfohl vom Landeskriminalamt Berlin erläuterte, worauf es ankommt: Der Weg bis zur Beute muss mühselig sein, damit die Diebe nicht über alle Berge sind, wenn die Polizei eintrifft (der Wiener Dieb etwa hielt sich nur 46 Sekunden im Saal auf). Die Meldeanlagen sollten so komplex angelegt sein, dass ein Dieb nicht nur ein Kabel durchschneiden muss, um seine Ruhe zu haben. Es braucht stabile Türen und Sicherheitsgläser auf höchstem Niveau. Auch die Kameras sollten zuverlässig gute Bilder liefern, um die Verfolgung zu erleichtern. Schließlich und vor allem: Auf das Personal muss Verlass sein.

Das aber ist bei wechselnden Fremdfirmen tendenziell weniger gewährleistet als bei langjährigen Angestellten, die dem Museum und dessen Leitung eng verbunden sind. Auch deshalb haben sich Museumsdirektoren seit Langem gegen die seit den Neunzigerjahren verordneten Sparmaßnahmen gewehrt. Schließlich ist ein Museum keine Hochsicherheitsanlage, sondern ein öffentlich zugänglicher Ort. Wenn Putz- und Wachleute keine anständigen Verträge haben, könnte das mitunter fatale Folgen haben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5118728
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.