Süddeutsche Zeitung

Tropensturm in Afrika:Das ewige Unwetter

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Noch nie hat ein Zyklon so lange gewütet. Der Tropensturm "Freddy" hat in Südostafrika schon mehr als 500 Menschenleben gefordert. Am schlimmsten getroffen hat es das bitterarme Malawi.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

So etwas hat es noch nicht gegeben im Südosten Afrikas, ein Tropensturm, der erst über Wochen aus Australien über den Indischen Ozean herangezogen kommt, über eine Entfernung von 8000 Kilometern. Und dann gleich zwei Mal in Madagaskar und Mosambik auf das Festland trifft, und schließlich auch noch Malawi verwüstet. Bilanz nach den katastrophalen Unwettern: Mehr als 500 Tote und Zehntausende Menschen ohne Obdach. Am schlimmsten getroffen hat es das bitterarme Malawi, wo es mehr als 440 Tote gab.

Die Regierung hat den Katastrophenfall ausgerufen, zahlreiche Brücken und Straßen sind zerstört, die Stromversorgung ist teilweise ausgefallen. "Der Sturm zeigt, dass die Probleme des Klimawandels real sind", sagte Malawis Präsident Lazarus Chakwera dem Guardian, die globale Erwärmung habe das Potenzial, "ein Land wie Malawi in ständiger Armut" zu halten.

Forscher hatten seit langem davor gewarnt, dass die Erderwärmung den Indischen Ozean aufheize und zu mehr Stürmen führe. Der Zyklon Freddy hatte sich Anfang Februar an der australischen Küste gebildet und am 12. Februar in Madagaskar erstmals Land erreicht, von dort zog der Sturm weiter nach Mosambik und anschließend zurück über den Indischen Ozean. Am 11. März erreichte Freddy zum zweiten Mal Mosambik und danach auch Malawi. Als er sich am 15. März auflöste, bezeichneten Meteorologen ihn als den am längsten andauernden und am weitesten gereisten tropischen Wirbelsturm, der jemals aufgezeichnet wurde.

Aus den notdürftig eingerichteten Zeltlagern werden bereits erste Fälle von Krätze gemeldet

Noch immer suchen Rettungsmannschaften in den betroffenen Ländern nach Überlebenden. In Malawi wird befürchtet, dass es aufgrund der schlechten sanitären Bedingungen erneut zu einem größeren Choleraausbruch kommen könnte, seit dem vergangenen Jahr sind dort etwa 1200 Menschen ums Leben gekommen. Aus den notdürftig eingerichteten Zeltlagern werden bereits erste Fälle von Krätze gemeldet. Ganze Dörfer wurden in Malawi von Schlammlawinen begraben.

"Die Situation ist extrem schlimm. Viele Menschen sind verwundet, vermisst oder tot. Die Zahlen werden in den kommenden Tagen zunehmen", sagte Guilherme Botelho, Leiter der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" in Blantyre. Internationale Hilfe ist bislang nur spärlich angelaufen. Malawi selbst verfügt kaum über Helikopter oder Rettungsboote, mit denen Überlebende gerettet werden könnten. "Wir brauchen die Hilfe und Unterstützung von allen, um diese Tragödie zu bewältigen", sagte Malawis Präsident Chakwera.

Mehrere Staaten im südlichen Afrika hatten nach den starken Wirbelstürmen der vergangenen Jahre ein Frühwarnsystem eingerichtet. In Mosambik berichteten Bewohner davon, dass vor der Ankunft von Freddy Lautsprecherwagen durch die Hafenstädte gefahren seien und die Bürger dazu aufgefordert hätten, sich in sichere Schutzräume zu begeben. Dazu verschickten die lokalen Behörden Textnachrichten auf die Telefone und warnten im Fernsehen vor dem Sturm. "Es handelt sich um ein sehr strukturiertes Warnsystem, das vielen Menschen das Leben gerettet hat", sagte Myrta Kaulard, Koordinatorin der Vereinten Nationen in Mosambik. Dort gab es mit etwa 50 Toten deutlich weniger Opfer als in Malawi. Dort sagte Präsident Chakwera, habe das Frühwarnsystem zwar in einigen tiefer gelegenen Gebieten Leben gerettet, in anderen jedoch versagt. Vor allem die Erdrutsche in Blantyre seien unerwartet gekommen.

In der zweitgrößten Stadt Malawis sind viele Häuser ohne Fundament an Berghänge gebaut worden, der Sturm und daraus entstehende Fluten rissen sie nun einfach mit. "In Malawi werden normalerweise nur tiefer gelegene Gebiete überschwemmt", sagte Felix Washon vom Roten Kreuz der Nachrichtenagentur Reuters. Viele Bewohner auf den Hügeln hätten sich deshalb in Sicherheit gewähnten, obwohl sie in Radio, Fernsehen und sozialen Medien vor dem Sturm gewarnt wurden.

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