Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Zicken auf dem Laufsteg

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Im Münchner Tierpark Hellabrunn macht ein Töchterchen seiner Mutter ein vergiftetes Kompliment. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... München

Der Streichelzoo im Münchner Tierpark Hellabrunn ist ein Erlebnis für Groß und Klein. Selbst unbeteiligten Zaungästen, die am Isarweg spazieren gehen und nur einen Blick hineinwerfen, wird immer was geboten. An einem sonnigen Wintertag streift eine Kleinfamilie durchs Gehege, die aussieht, als ob sie gerade vom Shoppen auf der Maximilianstraße käme. Die Eltern versuchen, ihr etwa sechsjähriges Töchterchen in möglichst instagramable Positionen zu den Vierbeinern zu bringen, ohne dass das herausgeputzte Kind in allzu engen Kontakt mit diesen gerät und ohne selbst mit ihren Edel-Sneakern in deren Hinterlassenschaften zu treten. Als das Mädchen eine dickbäuchige Ziege sieht, die lässig über einen langen Holzsteg stolziert, gerät es außer Rand und Band und kräht: "Guck mal, Papi, genau wie Mami!" Evelyn Vogel

Mitten in ... Yokohama

Spaziergang im Yamashita-Park am Hafen. Schiffe dümpeln. Möwen kreisen. Auf den Bänken picknicken Leute oder schauen einfach nur. Es herrscht Friede. Sicherheit. Idylle. Plötzlich schießt ein Wesen im Sturzflug auf eine Bank zu, auf der zwei Frauen mit einem Kind sitzen und essen. Es greift sich etwas, dreht blitzschnell ab und verschwindet wieder in der Höhe. Was war das? Keine Möwe, klar. Ein Adler vielleicht? Das ornithologische Wissen reicht nicht, um die Art des Räubers zu bestimmen. Dass der Vogel ein präziser Flieger ist, kann man immerhin sagen. Und: dass er nichts behält, was er nicht braucht. Denn nach ein paar Augenblicken lässt er seine Beute wieder fallen. Und zwar zielgenau vor der Bank, auf der er zugegriffen hatte. Die Frauen heben den bunten Plastiklöffel auf und staunen. Ein Raubtier mit Anstand - dass es so was noch gibt. Thomas Hahn

Mitten in ... Fischhausen

Winterurlaub auf dem Bauernhof in Fischhausen am Schliersee. Am ersten Abend dürfen die Kinder den Kühen das Heu bringen, störrische Ziegen füttern, dicke Katzen streicheln, Lämmer auf den Arm nehmen und die Pferde mit Semmeln von der Weide in den Stall locken. Am zweiten Abend, es hat ein wenig gestürmt und geschneit, stehen die Pferde bereits in ihren Boxen. Schade eigentlich, aber vielleicht wollte der Bauer seine Tiere vor der Kälte schützen? Er winkt ab. Eigentlich wollte er nur vermeiden, dass das Telefon wieder den ganzen Tag durchklingelt, erklärt er schuldbewusst. Die Kälte mache den Pferden mit ihrer dicken Haut weit weniger aus als den vielen Touristen. Zuletzt aber häuften sich die sorgenvollen Anrufe. Als Alternativprogramm für die Kinder gibt es eine Ausfahrt mit dem Schneeräum-Traktor. Das Telefon bleibt still. Anna Fischhaber

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