Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in":Happy Feet

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Unser Autor freut sich, dass ihm ganz Leipzig plötzlich mit einem Lächeln begegnet. Bis er nach Hause kommt und sich die Schuhe auszieht. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Leipzig

Selbst draußen fällt einem inzwischen die Decke auf den Kopf, dieselben Bäume, dieselben Straßen, immer wieder. Alle Wege geht man in einer Art Trance, und heute bekommt man, vertieft in ein Telefonat, noch weniger mit als sonst. Griff zum Mantel, Schuhe an die Füße, Tür ins Schloss. Aber plötzlich: alles aufregend, alles anders. Ein neuer Tag, Quatsch, eine neue Welt scheint angebrochen zu sein, überall in Leipzig nur Frohsinn, selbst die sonst kühle Fleischereifachverkäuferin lächelt einen an. Man lächelt natürlich zurück, voller Freude, und fragt sich auf dem Heimweg doch, warum all die Menschen den Blickkontakt nicht hielten, warum sie bald teenagerverschämt zu Boden schauten. Wieder daheim, zieht man sich und zieht es einem die Schuhe aus - zunächst den weißen Sneaker vom linken Fuß, danach den grauen vom rechten. Cornelius Pollmer

Mitten in ... München

Im Home-Office der zu engen Großstadtwohnung erhält man zwangsläufig auch einen Einblick in das, was die Mitbewohnerin so arbeitet. Diesmal geht es aber nicht um die Implementierung des neuen IT-Systems, sondern um den Geburtstag einer Kollegin. Betreff in der Firmen-Whatsapp-Gruppe: "Franzis Burzeltag". Man solle doch bitte eine Grußbotschaft auf ein A4-Papier schreiben ("gerne kreativ"), die Seite zerknüllen, sich die Papierkugel von jemand anderem zuwerfen lassen, feierlich entknüllen, vorlesen und das Ganze bitte auf Video aufnehmen. Neulich wurden für einen anderen Geburtstag T-Shirts mit Glückwunschbotschaften bedruckt, auch auf Video festgehalten, klar. Wenn man das am anderen Ende des Küchentisches so mithört, ist man doch ganz froh über einen einfachen, dahingebrummten "Herzlichen Glückwunsch" vom Kollegen. Oliver Klasen

Mitten in ... Madrid

Spielplätze gehören in diesen Monaten zu den prekärsten Orten in Madrid. Erst waren sie wegen ungeklärter Ansteckungsgefahr geschlossen. Dann wegen des plötzlichen heftigen Schneefalls. Und danach wegen Wind. Entweder gehen die Lokalpolitiker mit dem Absperren von Spielplätzen einfach den Weg des geringsten Widerstandes, oder aber sie machen sich wirklich Sorgen um die Sicherheit künftiger Steuerzahler. Erwischt man dann ein Zeitfenster, in dem Spielen offiziell erlaubt ist, empfängt einen am Eingang ein Schild: "Kapazität begrenzt - maximal 328 Personen." Es ist ein großer Spielplatz, etwas unübersichtlich, man macht sich also innerlich darauf gefasst, gleich mal durchzuzählen und im Zweifelsfall den Platz zu räumen. Sicherheit geht vor. Doch dann gräbt das Kind eine Stunde lang einsam im Sand. Es ist Nachmittag, 15 Uhr, Siesta-Zeit. Karin Janker

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