Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Mitten in ...":Auge in Auge mit dem Ungeheuer

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Der USA-Korrespondent der SZ stellt an einer Raststätte in den Everglades fest: Die Autobahn durch das legendäre Feuchtgebiet heißt nicht umsonst Alligator Alley. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... den Everglades

Die Alligator Alley heißt nicht umsonst so, sie durchquert als Autobahn Interstate 75 die Everglades in Florida. Das ist ein legendäres Feuchtgebiet mit Tieren aller Art, unter ihnen zahlreichen Alligatoren. Da hält man an einer Raststätte dieser einschläfernd geraden Strecke mal kurz an und vertritt sich die Beine. Es wird doch nicht zufällig ein Krokodil unterwegs sein? Und was ist dann als wirklich Allererstes in diesem Kanal neben dem Parkplatz zu sehen? Genau, ein Krokodil. Augen und Nasenlöcher bewegen sich im Wasser, der Angler am Ufer zieht sich zurück. Gelegentlich soll so ein vier Meter langes Reptil sogar gemütlich die Fahrbahn kreuzen, was zu Staus führt, von Bisswunden wird nur vereinzelt berichtet. Dieser Alligator hier nun schwimmt auf mich zu, da setze ich mich lieber wieder ins Auto, ich will ja nicht stören. Peter Burghardt

Mitten in ... Stuttgart

In Stuttgart gibt es seit Kurzem neue S-Bahnen. Sie sind nicht rot, wie die alten, sondern weiß. Doch nicht bei allen kommen sie gut an. Zum Beispiel beim Fahrer der S2 nach Schorndorf. Er sagt 26 Minuten Verspätung durch. "Grund dafür ist eine liegen gebliebene S-Bahn. Dabei handelt es sich um diese wunderbaren weißen Fahrzeuge, die wir Lokführer nie wollten, weil sie nicht funktionieren, aber trotzdem bekommen haben. Und siehe da: Sie funktionieren nicht." Es folgen technische Details. Beschwerden möge man an das Stuttgarter S-Bahn-Management oder das Eisenbahn-Bundesamt richten, "das diese Schrotthaufen zugelassen hat". Oder an den Hersteller. Ende der Durchsage. In der S-Bahn (einer roten!) sagt ein junger Mann zu seinem Kumpel: "Ja, Mann, lass beschweren. Beim Lokfahrer?" Der andere: "Nee, lass mal, der ist voll verzweifelt, dass der so viel redet." Veronika Wulf

Mitten in ... Schäftlarn

Ein nerviger Tag geht zu Ende, jetzt inszeniere ich mir auf klischeehafte Weise eine entspannende Atmosphäre im Wohnzimmer. Knisterndes Kaminfeuer, ein Glas Rotwein, aus den Boxen perlen die ersten Takte von Keith Jarretts "Köln Concert". Das markante Intro übernahm Jarrett vom Pausengong der Kölner Oper, es signalisiert für mich den Beginn eines Ruhe-Rituals. Mein Hund genießt die Stimmung und kuschelt sich auf seinen Platz, während ich koche. Doch unvermittelt fängt er an zu knurren - und gibt wieder Ruhe. Das wiederholt sich ein paar Mal, bis der ansonsten geruhsame Labrador aufspringt und wütend die Stereoanlage anbellt. Da fällt es mir auf: Der Hund reagiert auf das Stöhnen und Brummen, mit dem der Pianist seine Improvisationen untermalt. Irgendwie zu Recht. Auf ein Jarrett-Konzert sollte ich ihn besser nicht mitnehmen. Titus Arnu

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