Süddeutsche Zeitung

Köln:Polizei empört mit Richtlinien für Flüchtlinge an Karneval

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Das Schreiben ist eine eindeutige Ansage an die Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen. Wenn Flüchtlingsinitiativen Fahrten zur Karnevalsveranstaltungen organisieren, sei das "aus polizeilicher Sicht eher kritisch zu sehen". Als Grund nennt das offizielle Schreiben der NRW-Polizei: Die Aktionen - die aus Sicht der Initiatoren bei der Integration helfen sollen - würden "das massierte Auftreten von Flüchtlingen bei Karnevalsveranstaltungen forcieren". Und das würde "in der Bevölkerung derzeit leider zu unerwünschten Wechselwirkungen" führen. "Wir raten davon ab."

Der Brief enthält auch konkrete Hinweise an Flüchtlinge, die überraschen. "Wir als Polizei raten den Betroffenen insbesondere dazu, die Kontrollen kritiklos über sich ergehen zu lassen."

Öffentlich gemacht hat das Schreiben der Kölner Stadt-Anzeiger. Geschrieben hat den Brief ein Beamter des Landesamts für zentrale polizeiliche Dienste NRW, kurz LZPD. Die Behörde bestätigte auf Anfrage, dass der Text echt sei. Sie distanziere sich von den Inhalten des Briefs. Er hätte "nicht veröffentlicht" werden sollen, sagte ein Sprecher. Der "Entwurf" sei intern als "absolut kritisch" bewertet worden. Trotzdem sei er offiziell an die Bezirksregierungen gemailt worden. Wie das passieren konnte, will das LZPD am Montag mit allen Beteiligten klären.

"Es nimmt alles schon seltsame Blüten an", kritisiert eine Kölner Politikerin

Die Aussage des Briefs hätte laut dem Sprecher eine ganz andere sein sollen. Als Beispiel nannte er einen sachlichen Hinweis, dass große Taschen von der Polizei kontrolliert werden könnten. "Die Polizei NRW will alle Menschen schützen, egal wo sie herkommen", sagte der Sprecher.

Der Verwunderung über den Brief in NRW ist groß. Die Flüchtlingsräte von Köln und Leverkusen kritisierten das Schreiben scharf. "Durch solche Maßnahmen werden gerade die 'unerwünschten Wechselwirkungen' in der Bevölkerung erst provoziert", heißt es in einer Stellungnahme ( PDF). "Es nimmt alles schon seltsame Blüten an", sagte Marion Heuser, die sozialpolitische Sprecherin der Grünen im Kölner Rat. "Ich werde unseren Familien nicht sagen, dass sie nicht zum Karnevalszug gehen sollen", sagte Petra Jennen von der Arbeiterwohlfahrt dem Stadt-Anzeiger. Sie fühle sich von dem Brief "peinlich berührt".

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