SZ-Kolumne "Bester Dinge":Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
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Wenn Bauern und Lokführer den Verkehr lahmlegen, wäre ein alternatives Fortbewegungsmittel praktisch. Aktuelles Vorbild: ein indischer Essenslieferant, der aufs Pferd umsteigt.
Von Marcel Laskus
Lokführerstreik und Bauernproteste treffen das Land auch deshalb so empfindlich, weil sich die Menschen eingerichtet haben in ihrem Dasein zwischen Raststätten und Ruheabteil. Die noch zehn Monate gültige Bahncard 25 will genutzt werden, die Pendlerpauschale ist Teil des Familienbudgets. Resistent machen könnte die Bahn- und Autonation nur ein anderes Fortbewegungsmittel, das vollauf überzeugt. Aber welches soll das sein?
Nun ist es nicht für jeden machbar, sich wie Olaf Scholz im Flutgebiet per Helikopter absetzen zu lassen. Auch die Anreise zu Hochzeiten per Privatflugzeug im Stil von Friedrich Merz ist eher was für besondere Anlässe. Kaum praktikabler ist das Vorankommen per Kreuzfahrtschiff, wie Wolfgang Kubicki es zuletzt vormachte - zu viel Diskussionsbedarf gibt es dann im Nachhinein im erweiterten Bekanntenkreis. Ökologisch einwandfrei hingegen: das Fahrrad. Cem Özdemir schaffte es so noch rechtzeitig zur Ernennung zum Minister durch den Bundespräsidenten. Aber längere Strecken? Lieber nicht.
Und damit nach Hyderabad, einer Millionenstadt in Südindien, wo vor ein paar Tagen die bauern-, spritpreis- und gewerkschaftsresistente Alternative zu Bahn und Auto getestet wurde. Wegen eines Fernfahrerstreiks habe der Essenslieferant Syed Farooq mit seinem Motorroller drei Stunden an einer Tankstelle warten müssen. Völlig frustriert wendete er sich bald von seinem Roller ab und ging zu seinem Bruder, dem ein Pferd gehörte, erzählte er CNN. Farooq stieg auf, den klobigen Lieferrucksack auf dem Rücken, zog durch die Straßen seiner Metropole, und stellte seiner Kundschaft erfolgreich die lauwarme und fettige Ware zu.
Memo an das Verkehrsministerium: Nach Hochrechnungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung leben in Deutschland 1,3 Millionen Pferde.
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