Höxter-Prozess:Gutachterin: Angeklagtem fehlt Strafverständnis
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Der Angeklagte im Mordprozess um die tödlichen Misshandlungen in einem Haus in Höxter ist nach Einschätzung einer Gutachterin nur vermindert schuldfähig. "Er beurteilt, besonders wenn er unter Druck steht, Dinge komplett falsch", sagte die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh bei der Vorstellung ihres ersten Gutachtens im Landgericht Paderborn.
Was eine Misshandlung sei, habe Wilfried Wagener nicht beantworten können. Seiner Meinung nach sei es keine Straftat, wenn eine Frau an eine Heizung angekettet würde. Auch ein Schuss auf einen Menschen sei nach seinem Verständnis keine Straftat, sagte Saimeh. Das Verhalten des 48-Jährigen erinnere eher an das Auftreten eines Grundschulkindes. Die Gutachterin hält ihn aus diesen Gründen für vermindert schuldfähig.
Wilfried Wagener und seine Ex-Frau Angelika stehen im Fall des sogenannten Horrorhauses von Höxter wegen Mordes durch Unterlassen vor Gericht. Über Jahre hinweg sollen sie mehrere Frauen in ihr Haus gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen kamen dabei ums Leben. Zuletzt hatte sich der Prozess monatelang wegen eines Gutachterwechsels verzögert. Nun, mehr als 20 Monate nach Prozessauftakt, hat Saimeh das Wort - zwei Tage lang soll sie sich dazu äußern, wie sie die Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten einschätzt.
Vorab war schon bekannt geworden, dass Saimeh empfiehlt, Wilfried Wagener in die Psychiatrie einzuweisen. Als Grund gab die Expertin eine erhebliche Intelligenzminderung und eine Persönlichkeitsstörung an, die sich im Abhängigkeitsverhältnis zur Angeklagten zeige. Saimeh fungiert allerdings auch als Gutachterin für Angelika Wagener.
Erster Gutachter wurde vom Gericht abgesetzt
Nachdem der für Wilfried Wagener bestellte Gutachter Michael Osterheider sich in Widersprüche verwickelt hatte, hatte dieser sich zunächst krank gemeldet und war dann vom Gericht abgesetzt worden. Deshalb war der Prozess ins Stocken geraten, zwischendurch drohte er sogar zu platzen. Dann übernahm Saimeh auch die Beurteilung des männlichen Angeklagten. Experten halten es allerdings für problematisch, dass ein Sachverständiger in einem Verfahren zwei Angeklagte untersucht, deren Aussagen sich in wesentlichen Teilen diametral widersprechen.
Angelika Wagener beschuldigt ihren Ex-Ehemann, auch sie selbst schwer misshandelt zu haben. Er habe ihr unter anderem Arm und Schulter mit kochend heißem Wasser verbrüht und ihr, als Bestrafung für angebliches Fehlverhalten, Dutzende Male die Brüste blutig gebissen. Wilfried Wagener sagt, das sei gelogen: Die Bisse habe sie, gegen seinen Willen, eingefordert, weil es sie sexuell erregt habe; die Verbrühung habe sie sich selbst zugefügt, um arbeitsunfähig geschrieben zu werden.
Neben dieser Schwierigkeit hatte Saimehs vorläufige Beurteilung für Aufsehen gesorgt, weil ihr Vorgänger, Michael Osterheider, sich in seinem vorläufigen Gutachten auf schuldfähig festgelegt hatte.
Anmerkung d. Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, der Familienname der Angeklagten Ex-Eheleute sei Wanderer. Dies ist falsch.