Süddeutsche Zeitung

Hochwasser in Brandenburg:Angst unter Kontrolle

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Obwohl die Wasserstände in Brandenburg derzeit nicht mehr steigen, gilt weiterhin die höchste Alarmstufe. Kanzlerin Merkel lässt sich vor Ort erklären, wieso.

In der Hochwasser-Region entlang der Oder hat sich eine leichte Entspannung angedeutet. Die Wasserstände im südlichen Brandenburg seien inzwischen stabil und stiegen nicht weiter,sagte Katrin Kumke vom Hochwassermeldezentrum. "Von Ratzdorf bis zum Pegel Kietz sind die Werte relativ konstant bis ganz langsam fallend." Der Scheitel des Hochwassers stehe derzeit bis kurz hinter Frankfurt an der Oder und bewege sich Richtung Norden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am Mittag ein Bild von der Lage in den brandenburgischen Hochwassergebieten gemacht. Sie ließ sich zusammen mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck im Katastrophenschutzzentrum in Frankfurt die Situation erklären.

Sie verlasse das Gebiet zwar etwas beruhigter als zuvor, sagte Merkel nach dem Besuch. Sie sei sicher, dass alles getan werde, um Menschen und Eigentum vor den Naturgewalten zu schützen. Die Gefahr sei aber noch nicht vorbei, betonte die Kanzlerin.

Platzeck sagte, die Aufmerksamkeit dürfe nirgendwo nachlassen. Ansonsten würde der gesamte Erfolg der ersten Woche im Kampf gegen das Hochwasser gefährdet. "Die Situation wird gut beherrscht. Aber wir sind erst durch, wenn das Wasser durch ist", sagte der SPD-Politiker. Er rechne damit, dass die Lage bis mindestens Mittwoch oder Donnerstag kommender Woche angespannt bleibe.

Langgezogene Welle

In Frankfurt gilt ebenso wie im Landkreis Oder-Spree die höchste Hochwasseralarmstufe 4. Es besteht demnach noch immer die Gefahr, dass Deiche und Dämme überflutet werden. Trotz der stabilen Pegelstände werde die Stufe 4 in Oder-Spree vorerst weiter gelten, sagte Kreissprecherin Evelyn Reich. "Es wäre zu früh, die Alarmstufe zurückzunehmen."

Die Hydrologin Kumke aus dem Hochwassermeldezentrum beschrieb den Oder-Scheitel so: "Es ist eine sehr inhaltsreiche, langgezogene Welle." Die Lage an der Oder sei unter Kontrolle, sagte auch der Sprecher des Innenministeriums, Ingo Decker. Nach wie vor seien mehrere hundert Helfer im Einsatz, darunter allein 210 Beamte der Brandenburger Polizei.

Enormer Druck auf die Dämme

Erst am Sonntagabend sei in Frankfurt mit langsam sinkenden Pegelständen zu rechnen, sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzes. Im südlichen Brandenburg sänken die Pegelstände bereits leicht, nördlich von Frankfurt nähmen die Pegelstände dagegen leicht zu. Weiterhin würden die Dämme von 150 Feuerwehrleuten gesichert, da das Wasser in den nächsten Tagen weiter enormen Druck auf die Dämme ausüben werde, sagte ein Sprecher.

Der Oberbürgermeister von Frankfurt, Martin Wilke, bezeichnete die Situation als stabil. Ein Stromausfall am frühen Morgen habe Teile der Stadt lahmgelegt, dies sei aber nicht auf das Hochwasser, sondern einen Trafofehler zurückzuführen. Nach anderthalb Stunden gegen 6.30 Uhr sei alles wieder in Ordnung gewesen. Auch eine kleine Sickerstelle sei durch Sandsäcke abgedichtet worden.

Schrecksekunde am Morgen

Eine Schrecksekunde gab es für die Einsatzkräfte am frühen Morgen, als eine Alarmmeldung über einen Deichrutsch in der Innenstadt von Frankfurt einging. Doch dieser habe sich als harmlos entpuppt, sagte Stadtsprecher Sven Henrik Häseker. Es seien lediglich Maulwurfsgänge eingefallen, die Stellen seien rasch mit Sandsäcken abgedichtet worden

Die Hochwasser-Lage in Frankfurts Nachbarstadt, dem polnischen Slubice, bleibt trotz des erreichten Scheitelpunktes der Flut stabil. Der Pegelstand habe 5,74 Meter erreicht und sei in den vergangenen Stunden um zwei Zentimeter gefallen, sagte eine Sprecherin des Krisenstabes in Slubice der Nachrichtenagentur PAP. Die Dämme hielten dem Druck der Wassermassen stand, es gebe keine größeren Unterspülungen. Der Fluss blieb unter dem erwarteten Höchststand von sechs Metern. Insgesamt starben in Polen durch das Hochwasser bisher mindestens 21 Menschen.

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